Wednesday, September 21, 2016

Grenzenlos. Feministisch. Solidarisch ★ Kampf der AfD! #Blockupy IV

Grenzenlos-Block mit #AgR und #Blockupy am #B0309 in #Berlin. #Antikapitalismus #Feminismus #Solidarität 
Photo & text by / via Interventionistische Linke @inter_linke 3 Sep 2016

Wie in den vergangenen drei Teilen möchte ich auch im Abschlusspost unserer kleinen '#Blockupy-Serie' das kraftvolle, teils beeindruckende Bildmaterial dazu nutzen, um über den konkreten Anlass hinaus Denkanstöße zu den angesprochenen Themen zu vermitteln. Mittlerweile liegt das Berliner Blockupy-Wochenende ja auch schon über zwei Wochen zurück und zahlreiche weitere Aktionen haben inzwischen stattgefunden. Von einer berichte ich am Ende dieses Posts.

Nachdem antikapitalistische Aspekte schon in den ersten drei Teilen eine zentrale Rolle gespielt haben (in Teil I das Feld der 'Arbeit', in Teil II u. a. das Verhältnis von Studierenden und Arbeitenden, in Teil III etwa die deutschen Wirtschaftsdeals mit der Türkei), stehen diesmal die Verschränkungen von 'Sexismus' und 'Rassismus' im Mittelpunkt, auch wenn ich vor allem den ersten, aber auch den anderen Begriff nicht besonders 'mag'. Der erste ist mir viel zu nah an positiv besetzten Wörtern wie 'Sex', 'Sexualität' oder 'sexy', der zweite klingt, als ob es 'Rassen' gäbe (im Englischen ist das etwas passiger, aber Sprachregelungen sind – auch wenn es heute noch öfters um solche gehen wird – nicht mein Lieblingsthema; solange Ihr mich und das, was ich sagen will, alle versteht, bin ich zufrieden). Da ich den Sexismus-Begriff aber immer eher gehasst habe, irreführend und missverständlich fand, bin ich nicht unfroh über die hier aufkommende Gegenüberstellung feministisch / antifeministisch, um die es heute auch in der Hauptsache gehen wird. Am liebsten mag ich aber:


Grenzenlos feministisch

Zum Start möchte ich Euch daher ein paar tolle Bilder vom – wie wir oben und unten sehen – in allen Regenbogenfarben-eingenebelten, lila-feministischen, farbenfrohen "Grenzenlos-Block" bei der großen Demo "Aufstehen gegen Rassismus" am 3. September in Berlin-Charlottenburg nicht vorenthalten. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus unabhängigen Gruppen und Initiativen, aber auch Organisationen wie etwa die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN-BdA), der Zentralrat der Muslime oder die Aidshilfe und die vermutlich künftigen Berliner Regierungsparteien SPD (!), Die Grünen und Die Linke. Der explizit feministisch-ausgerichtete "No Border-Block" bildete quasi den kämpferisch-linken Blockupy-'Keil' der Demo, an der sich insgesamt über 6000 Menschen beteiligten und die vom Adenauerplatz zur Parteizentrale der rassistisch-antifeministischen AfD zog und war – wie die meisten anderen Blockupy-Aktionen – gut vorbereitet und ausgestattet, hier mit satten Pyros und einem wundervollen lila Fahnenmeer... ♥

"#Berlin #Blockupy- Der farbenfrohe NoBorder Block auf der naja Aufstehen-gegen-Rassismus Demo.
FCK AfD, No Border..."
Photo & text by / via Jutta Ditfurth @jutta_ditfurth 3 Sep 2016


Rassistischer Antifeminismus

Die queer-feministische Ausrichtung mag bei einer Demo gegen Rassismus überrascht oder irritiert haben (mich – zumindest in dieser Zentralität – zunächst übrigens auch), war aber wie ich fand eine gute Idee, nachdem nicht nur im Zuge der unsäglichen Debatte nach den sexuellen Übergriffen an Silvester in Köln und anderswo Rassist*innen aller Couleur versucht haben, eine Art Pseudo-Feminismus gegen Flüchtlinge, Muslime und Migrant*innen in Stellung zu bringen, darunter vor allem massenhaft Leute, die nichts, aber auch gar nichts mit feministischen Inhalten, wohl aber viel mit Rassismus und Antifeminismus zu tun haben: deutsche Macker, die sich auf 'Ausländerjagd' machten, um 'deutsche Frauen' zu schützen (abgesehen davon, dass die Idee, dass Männer Frauen 'schützen', natürlich eine zutiefst patriarchale ist, waren unter den Opfern keinesfalls nur 'deutsche' Frauen), populistische Politiker*innen, Teile der Polizei und fast noch größere Teile der Medien (übrigens weltweit), Rechte aller Art.

Anstatt sich wirklich auf die Seite der angegriffenen Frauen zu stellen (wie etwa Beratungsstellen & Initiativen gegen sexuelle Gewalt, die bekanntlich eine feministische Errungenschaft sind), wurden die Opfer von den oben Genannten nur benutzt, "um weitere rassistische Zuschreibungen vorzunehmen und Abschiebungen weiter zu erleichtern". Der ganze Diskurs fügte sich nahtlos ein in eine schon lange von ganz anderer Seite kommende "wertkonservative Mobilisierung (...), die die Errungenschaften der Frauen- und Queerbewegung zurücknehmen will" (beide Zitate aus dem Aufruf der Interventionistischen Linken (IL)). Wer sich die Heim- und Herd-Programme von Parteien wie der AfD anschaut (oder einen Blick auf die rassistisch-sexistische Wahlkampagne von Donald Trump in den USA wirft), weiß, dass diese von Hass auf die gesellschaftliche, politische und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen und LGBTIQ, von Hass auf feministische Politik und die Frauen- und Queerbewegung geprägt sind. Wenn es nach ihnen ginge, wären die Frauen vermutlich erst gar nicht auf der Straße gewesen, sondern gleich zu Hause geblieben. Dazu gesellten sich allzu bekannte Ratschläge von verschiedensten Seiten an die Opfer, wie sie sich zu bekleiden und zu verhalten hätten, nicht zufällig gefolgt von einer widerlichen Debatte, wie sich Muslima in Deutschland zu bekleiden und zu verhalten hätten. Wie wir zu solchen Angriffen auf das modische, körperliche, sexuelle, gesellschaftliche, politische und religiöse Selbstbestimmungsrecht stehen, haben wir (und viele andere Queer-Feminist*innen) immer wieder klar gemacht (etwa in unserem Manifest oder in einem Post zum Weltfrauentag).


Exkurs:
Der exklusive Pseudofeminismus der falschen Alice

Dass sich zu dem hier nur kurz skizzierten diskursiven Horrorkabinett auch mal wieder die bekannteste aller Pseudo-Feminist*innen, nämlich Alice Schwarzer, gesellte und – zielsicher das rechtspopulistische Geschäft witternd – noch schnell "ein rassistisches Machwerk" (nochmal die maßgeblich am Grenzenlos-Block beteiligte Interventionistische Linke (IL)) zur 'Kölner Silvesternacht' als Herausgeberin auf den Markt warf, überraschte mich nicht im Geringsten, da sie meines Erachtens mit Feminismus in etwa so viel zu tun hat wie die SPD-Promis Gerhard Schröder, Thilo Sarrazin und Sigmar Gabriel mit Antikapitalismus. Die Liste ihrer sexistischen, LGBTQ- , BDSM- und Sexarbeiter*innen-feindlichen, rassistischen-militaristischen-islamophoben-'neu'rechten etc. Äußerungen, Kampagnen, Beleidigungen, Diskriminierungen, Diffamierungen und Lügen ist zu lang, um hier ausgeführt zu werden, aber die traurige Tatsache, dass Schwarzer in Deutschland immer noch (wenn auch immer schon zu Unrecht!) als 'Verkörperung des Feminismus' gilt (nicht zuletzt, weil sie in ihrer medialen Geltungssucht schon immer weitaus fortschrittlichere Feminist*innen in den Schatten geschoben hat), hat dazu geführt, dass ich den Begriff 'Feminismus' oft eher meide, so lange die 'Deutungshoheit' nicht auf Seiten von unserem STYLE! IT! TAKES!-Projekt unterstützter 'Strömungen' wie dem Sex-positive feminism / Third Wave Feminism, inklusiven Feminismen und Queer-Feminist*innen, aber auch der LGBTQ-Community, der Sexarbeiter*innen-Bewegung und der leider schon wieder in Vergessenheit geratenen, begrüßenswerten Post-Porn-Debatten und Slut Walks liegt und somit nicht klar wird, was genau damit gemeint ist (ähnlich dem u. a. aufgrund der staatskapitalistischen Diktaturen in Osteuropa teils diskreditierten Begriff 'Sozialismus', den ich, wo sinnvoll, lieber durch Adjektive wie 'antikapitalistisch' oder einen Bezug auf die Geschichte der Arbeiter*innen-Bewegung ersetze).

Sich solche Begriffe von Reaktionären aller Art nicht nehmen zu lassen und sich stolz auf eine lange, oft auch widersprüchliche Geschichte feministischer Kämpfe und Erfolge der 'ersten', 'zweiten' und 'dritten' Frauenbewegung, der Sexarbeiter*innen, der LGBTQ-Bewegung, der Gender-Studies etc. zu beziehen finde ich aber gut und richtig, sofern Leute wie Alice Schwarzer aus feministischen Bewegungen genauso hochkant herausbefördert werden wie die faschistischen Ekelpakete Jürgen Elsässer (einer der rassistisch-homophob-antifeministischen 'Vordenker' von Pegida und AfD, Chefredakteur des 'neu'rechten, verschwörungstheoretischen AfD-Wahlkampforgans Compact) oder StrammRechts-Anwalt und Antisemit Horst Mahler (deren ehemaliges 'links-sein' ich übrigens ebenso abstreite wie Schwarzers 'Feminismus') aus 'der' Linken. Im Großen und Ganzen ist dem ja auch so, auch wenn manche leider immer etwas länger brauchen {*}. Der Grund, dass solche Namen wie Elsässer und Mahler überhaupt hier auftauchen, liegt also nicht nur in ihrer Rolle in der 'neu'rechten Mobilisierung begründet, sondern mehr noch darin, dass ich an diesen Beispielen zeigen möchte, dass es höchste Zeit für eine klare Trennung der feministischen und linken Bewegungen auch von Alice Schwarzer ist. Wie im Falle von Elsässer und Mahler handelt es sich bei ihr nicht um 'Verfehlungen' oder 'Irrwege': wie Mahlers durchgehender völkischer Antiamerikanismus und Elsässers durchgehende machistisch-sexistisch-homophobe Arroganz {*} folgen ihre Äußerungen einer klaren Linie und haben Prinzip – und das im Falle von Schwarzer mittlerweile seit Jahrzehnten. Ihr ziemlich deutscher, von Geltungs- und Karrieresucht angetriebener und fanatisch betriebener Pseudofeminismus kann auf die Linie ausgrenzend - entmündigend - vereinnahmend gebracht werden.

Wenn jemand wie Sahra Wagenknecht für ihre Äußerungen zur Flüchtlingspolitik eine Torte ins Gesicht geworfen bekommt (zu diesem Thema haben die "PrinzessinnenReporter" in Pro & Contra Tortenwerfen alles gesagt ♥) – für Alice Schwarzer würde eine ganze Konditorei nicht ausreichen. Allerdings dürften sich theoretisch ungleich mehr freiwillige Tortenwerfer*innen finden lassen, unter Lesben, Fetischist*innen und in der BDSM-Szene, unter Sexarbeiter*innen, Models, Pornodarsteller*innen, Muslim*innen, Jüd*innen, Tänzer*innen, Performer*innen, Künstler*innen, Antirassist*innen und Antifaschist*innen. Wäre allerdings schade um die schönen Torten, aber aufgrund der bunt und sympathisch-zusammengesetzten Runde sicherlich ein wundervolles Fest. ♥

Unser femme-feministischer-fetischistischer
STYLE! IT! TAKES! Blog
lädt ein:


Yes, we have a right to wear headscarves!
Yes, we have a right to be 'perverted'!
Yes, we have a right to be & dress slutty!
Our bodies, our sexuality, our lives!

Pix:
Cut-out from a cartoon about Inclusive Feminism by centipedes via tumblr
Logo of the International Union of Sex Workers
Pink Speech Bubble via Lipstick Lesbian @LipstickVenus
Awareness in the BDSM scene: unknown source
Yes We Are (Slut Walk poster) by GRRLVIRUS
High Heels via Alessandra Aderenti @alexepriska:

The higher the heels, the closer to heaven 😊 #shoes #highheels #fashion #love

    

Clubbing girls #lipstick #lesbians #stockings (photographer unknown)

Discomiezen with DJane Tala (Ulm)

Eine Pfötchennote mit Krallen, Absätzen und einer Anzeige:
Discomiezen gegen Sexismus

{*} Der machistischen Arroganz, HomoTransphobie und dem Sexismus von Jürgen Elsässer bin ich übrigens schon in den frühen 1990ern begegnet und auch persönlich zum Opfer gefallen (dankenswerterweise unter lautem Protest eines großen autonom-antifaschistisch-feministischen Plenums!). Damals schrieb er noch für linke Zeitungen wie die konkret, später auch für junge Welt und Jungle World, die ihn leider alle viel zu spät (2000 bzw. 2002!) vor die Tür gesetzt haben.
In einer an Deutlichkeit nicht zu übertreffenden politischen Selbsteinordnung, die sich selbst als sexistisch / antifeministisch / frauenfeindlich zeichnet und auch seinen nicht überraschenden Hass auf hedonistisch-kosmopolitische 'Poplinke' durchklingen lässt, erwähnte er 2002, er hätte in den Jahren 1994-1997 in der damals prominent besetzten Redaktion der jungen Welt von "Erörterungen über die Frauenfrage" abgehalten werden müssen...:

"Die gegenseitige Disziplinierung klappte weitgehend. Die einen sorgten dafür, dass Pirker sich beim Thema Israel zurückhalten musste, die anderen stoppten Elsässers Erörterungen über die Frauenfrage, und ein Minimum an grammatikalischem und stilistischem Konsens verhinderte, dass Poplinke und andere Analphabeten zum Zuge kamen." (Hervorhebungen v. mir)

2006 ereiferte er sich dann über "Multikulti", "Gendermainstreaming" und "schwule Subkultur": "Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden" (junge Welt v. 19. September 2006). Manche wachten gar erst auf, als er 2009 seinen Hass auf (ihm wohl zu) sexy gekleidete Frauen, Drogennutzer*innen und Sexarbeiter*innen in den Iran projizierte und applaudierte, dass die damals dort protestierende Opposition, die er als iranische "Discomiezen, Teheraner Drogenjunkies und die Strichjungen des Finanzkapitals" bezeichnete, von Ahmadinedschads Folterregime "in einen Darkroom befördert" wurde! Es ist kein Zufall, dass er die Folterkeller des Mullahregimes mit einer homophoben, BDSM- und generell Lust-feindlichen Verwendung des Begriffes "Darkroom" belegte. Nach dem Motto: wer gern in Darkrooms geht, dem sollen es die iranischen Folterknechte mal so richtig zeigen... Mit solchen Äußerungen hat er sich einen prominenten Eintrag auf der antifeministischen Hassseite 'WikiMANNia' (!) wahrlich verdient.

Sollte ich ihm jemals noch mal begegnen (was ich nicht hoffe!), trete ich ihm mit scharfen Absätzen auf die Füße oder er kriegt von einer bekennenden Discomieze nicht meine linke (was charmant wäre), sondern meine rechte (die ist kräftiger!) und zwar volle Suppe mitten in seine selbstverliebte Hackfresse. {Ob Suppe das fehlende Bezugswort zu den richtungsweisenden Adjektiven bzw. adjektivischen Linksattributen im letzten Satz ist, überlasse ich wahlweise Phantasie, versalzenen und gepfefferten Kochkünsten (in diesem Fall bloß keine Sahne!!!), Kontext oder Sprachgefühl meiner geschätzten Leser*innen. ^.^}

http://www.feisty-cat.com/
The Feisty Cat
(feisty bedeutet lebhaft, temperamentvoll, quirlig,
aber auch mutig, beherzt, streit- und angriffslustig)
Dies ist eine ausnahmsweise kostenlose, unabgesprochene Werbe-Anzeige
für den gleichnamigen, netten Online Store für
Burlesque Fashion, Pasties & Lingerie
des Berliner Models Sinteque
(^.^)



Antirassistisch-links-queer-solidarisch
Inklusiver Feminismus

Und die 'richtige' Alice? Hat weder was mit 'der Schwarzer' noch mit anderen Schwarz-Braunen zu schaffen, trägt Ringelstrümpfe oder wunderschöne Lingerie (wie in einer der schönsten Performances unserer Events, der Alice-Performance unserer geliebten New Yorker Neo-Burlesque-Tänzerin Clea Cutthroat), ist entweder gerade im Wunderland, hinter den Spiegeln, in unserem Manifest, auf unserer Torten-Party gegen die falsche Alice, auf dem Slut Walk... oder hier:

 
Plakat für die Demo am Samstag 3.9., 14 Uhr, #Berlin, Adenauerplatz.
Kommt zum Grenzenlos-Block. #AufstehenGegenRassismus und #AfD
by Interventionistische Linke @inter_linke

"Grenzenlos Feministisch. Solidarisch. Antikapitalistisch.
War schön mit euch im Grenzenlos-Block bei @aufstehengegen"
Photo & text by / via Interventionistische Linke @inter_linke 3 Sep 2016

Im Kontext eines inklusiven Feminismus der eigentlich nicht so schwer zu verstehende


Standpunkt unseres STYLE! IT! TAKES! Projektes:

1. Ein sexueller Übergriff ist ein sexueller Übergriff – vollkommen gleichgültig von wem, an wem, wann und wo ausgeübt. Er muss entschieden geahndet werden.

2. Ein sexueller Übergriff kann nicht als Rechtfertigung für andere Unterdrückungsformen herhalten, etwa für Rassismus, Sexismus oder Homophobie.

3. Wenn Ihr das nicht verstanden habt, lest es bitte noch einmal.

4. Wir haben ein gewisses Verständnis, wenn direkt betroffene Opfer dazu neigen, ihre Täter zu verallgemeinern ("Scheiß Männer", "Scheiß Schwule", "Scheiß Deutsche", "Scheiß Ausländer", "Scheiß Familie" etc.), aber wir finden das nicht gut. Wenn es Nicht-Betroffene tun, um ein politisches Süppchen damit zu kochen (wie im 'Silvester-Diskurs' geschehen), finden wir das: scheiße.

5. Das war's schon.


Nicht nur aufgrund eigener Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gilt unsere uneingeschränkte Solidarität allen Opfern jeglicher Übergriffe im (meist) 'privaten' oder (seltener) öffentlichen Raum, von Vergewaltigungen, sexuellen Übergriffen, von sexistischen Sprüchen und Verhalten. Das gilt übrigens selbst dann, wenn es sich bei den Opfern in dem ein oder anderen Fall um ausgesprochene Rassist*innen handeln sollte.

Konkret: ja, ich würde (sollte sich eine solche Situation ergeben) auch einer Neonazi-Frau den Weg zu einer Beratungsstelle für Opfer sexueller Gewalt vorschlagen (weil es keinerlei Rechtfertigung für sexuelle Gewalt geben kann), wie ich mich auch gegen eine Abschiebung (oder sonstige Doppelbestrafung aufgrund von Ausländergesetzen) eines Sexualstraftäters mit Migrationshintergrund wenden würde (weil ich Abschiebungen und Ausländergesetze für rassistisch halte). Was ich der Beispiel-Rassistin oder dem Beispiel-Migranten in einer Beispiel-Standpauke noch 'sagen' würde, steht auf einem anderen Blatt, erklärt sich aber aus diesem und anderen Blog-Posts. Nicht vergessen werden darf dabei, dass Rassismus und Sexismus / Antifeminismus oft im Verein auftreten.

To sum it up:
No Homophobia - No Violence - No Racism - No Sexism
Yes Kindness - Yes Peace - Yes Equality - Yes Love
Photo via Jiri Langer @jirijl



... zum Zuhören:

One Solution: Feminism?

Dennoch gibt es wichtige Diskussionen über die vielschichtig verzahnten Ausgrenzungs- und Unterdrückungsmechanismen zu führen, das zeigte auch eine Veranstaltung der IL unter dem Titel "One Solution: Feminism? Feministische Strategien gegen den Rechtsruck und die AfD" im Vorfeld der Demo, einem positiven, inklusiv-feministischen Gegenentwurf zu Schwarzer, AfD & Co., die Ihr auf Soundcloud komplett nachhören könnt (Link öffnet in neuem Tab).

Das Photo ist schon von einer früheren Demo,
aber wegen der besten Demo-Speechbubble ever muss dit hier hin:
"Wir wollen nicht nur Blumen, wir wollen den ganzen Blumenladen!"

"Antifeminismus und Rassismus gehen Hand in Hand -
bei der AfD, bei der Bundesregierung, in sozialen Medien, in denen immer wieder der Schutz 'unserer Frauen' gefordert wird und gleichzeitig Leuten, die Geflüchteten helfen, Vergewaltigung angedroht. (...)
Wertkonservative Mobilisierung und Instrumentalisierung von sexualisierter Gewalt für rassistische Zwecke - was können wir dagegen tun?
Gehen Antifaschismus, Feminismus und Unterstützungsarbeit für Geflüchtete zusammen?
Ist das Ganze eine rein weiße Debatte?"

Es kommen verschiedene feministische und antirassistische Perspektiven zu Wort.
Falls Euch die Gesamtlänge (etwa 90 Minuten) abschreckt (lohnt sich aber!),
hier der grobe Ablauf zum 'Reinzappen':

0 - ca. 8:00 Einführung der Interventionistische Linke Berlin (IL)

ab ca. 8:00 Anna, Forschungsnetzwerk "Frauen und Rechtsextremismus"
spricht u. a. über Frauen in der rechten Szene und Antifeminismus in rechten Organisationen

ab ca. 15:00 zwei Vertreterinnen von Women in Exile & Friends
sprechen u. a. über häusliche, gesellschaftliche und strukturelle sexistische und rassistische Gewalt und
die Mehrfachunterdrückung geflüchteter Frauen

ab ca. 25:00 Lotte, Bündnis Marsch für das Leben? What the Fuck!
 spricht u. a. über den "Marsch für das Leben" von antifeministischen 'Lebensschützer*innen', christlichen Fundamentalist*innen & Rechts-Klerikalen und deren 'wertkonservative' Sexualmoral & Homophobie mit dem Leitbild der heteronormativen Kleinfamilie

ab ca. 34:00 Podiums-Diskussion

ab ca. 1:08 Diskussion Publikumsbeiträge

Aufzeichnung vom 31. August 2016
im SO36 (Kreuzberg)
by Interventionistische Linke Berlin
*


Solidarisch gegen die Festung Europa

"Im Grenzenlos-Block bei @aufstehengegen Rassismus.
Leider flogen nur die Transpis bei der #AfD-Zentrale.
#Blockupy"
Photo & text by @BlockupyBerlin 3 Sept 2016

Transparent in Charlottenburg bei "Aufstehen gegen Rassismus":
"Gegen die Festung Europa und ihre Fans!" #blockupy #agr #b0309
Über 6000 Menschen demonstrierten bei tollem Wetter gegen die AfD und für Refugees in Berlin.
Photo by / via @Blockupy 3 Sep 2016

Überall war Widerstand, sogar auf dem Wasser: "Burn Borders Not Coal" stand auf einem der Transpis der "Anarche", einem Floß, mit dem Umweltaktivist*innen von #EndeGelände schon am Vortag gegen das Vattenfall Kohlekraftwerk Klingenberg demonstrierten – leider blockiert von der (ausgerechnet!) 'Wasserschutzpolizei', die nicht das Wasser vor der Kohle 'schützte', sondern die Rummelsburger Bucht gegen die Umweltschützer*innen absperrte (!). Nicht den am gleichen Nachmittag ebenfalls von der Polizei an ihrer Aktion gehinderten studierenden Kolleg*innen der geplanten Kissenschlacht, sondern den schwimmenden Klima-Aktivist*innen ("Kohle zur Schnecke machen" stand auf einem anderen Transpi und "System Change - Not Climate Change") gebührt dennoch ein Preis für ihren (aufgrund der interessanten Kopplung von Umweltthemen, Antikapitalismus und Antirassismus) nicht nur lesenswerten, sondern streckenweise auch einfach lustigen #Blockupy-Aufruf:

"Bei einer Bootstour mit der Anarche machen wir Welle gegen Kapitalinteressen, die das Klima verheizen, gegen braunes Gedankengut und gegen eine braune Spree.
Unser Boot ist noch lange nicht voll!
Wir heißen Refugees Willkommen und bringen Klingenberg zum Kentern."
Photo by Tim Lüddemann @timluedde 2 Sep 16


In Schutzanzügen zur Landesvertretung Sachsen

Zu Jahresbeginn wurde in unserer Preisverleihung 2015 ja schon die Pegida-Stadt Dresden zur "unsympathischsten Stadt Deutschlands" gekürt, dieses Jahr drängelt das ganze Land Sachsen auf den Preis "Widerlichstes Bundesland 2016". Diesem traurigen Umstand trug eine kleine, aber feine Blockupy-Aktion am 2. September Rechnung, die zeigte, dass mensch sich Sachsen nur noch in Form von Schutzanzügen & Pyros nähern kann. An der "Landesvertretung Sachsen" wurden außerdem Infoschilder aufgehängt, die über den braunen Sumpf dort informierten, der bekanntlich von Neonazis bis zur CDU-SPD-Landesregierung um Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) reicht. Denn wie es auf einem Transparent bei der "Aufstehen gegen Rassismus"-Demo richtig hieß: "AfD macht die Hetze, CDU / CSU SPD Grüne FDP die Gesetze". Die rassistischen Gewalttaten und der von breiten Bevölkerungsschichten unterstützte Rechtsterrorismus von Freital, Heidenau, Bautzen (Budyšin) usw. finden ihr Pendant im offenen Rassismus, Geschichtsklitterung und der systematischen Verharmlosung rechter Gewalt von Seiten der Politik, Verfassungsschutz und Polizei.

Blockupy-Aktion gegen die Landesvertretung Sachsen in Berlin
Photo von @zinografie 2 Sept 2016 (leicht beschnitten)


Rassismus in Berlin

Leider ist allerdings nach ähnlichen Ereignissen und Gemengelagen fraglich, ob 'unsere' angeblich so 'weltoffene Hauptstadt Berlin' so viel besser ist (erst recht seit Bekanntwerden der Wahlergebnisse der Berliner Abgeordnetenhauswahl am Sonntag mit über 15% für rechtsextreme, faschistische Parteien). Auch hier gibt es seit längerem wöchentlich rechte Aufmärsche, auch hier gibt es Brandanschläge auf Asylunterkünfte, auch hier gibt es gewalttätige Angriffe auf Menschen anderer Hautfarbe, Flüchtlinge, Jüd*innen und andere, die nicht ins rechte Weltbild passen. Auch hier schauen viel zu viele zu – oder weg. Am gleichen Tag, an dem in Charlottenburg die große Demo gegen Rassismus stattfand, attackierten in Prenzlauer Berg 200 rassistische Fans des BFC Dynamo, einem Regionalliga-Club, der im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark ansässig ist, im angrenzenden Mauerpark eine Gruppe von 40 friedlich feiernden Menschen eines Kameruner Kulturvereins, darunter auch viele Kinder, mit rassistischen Hassparolen, Flaschen und Reizgas. Vier der Angegriffenen mussten anschließend im Krankenhaus behandelt werden, einer sogar in einer Spezialklinik. Obwohl Polizei vor Ort war, kam es zu keinen Verhaftungen. Die vollkommen traumatisierten Opfer des brutalen Angriffs berichteten außerdem, die anderen Parkbesucher*innen seien nicht zu Hilfe geeilt oder hätten die Geschehnisse nur gefilmt (dennoch werden die Aufnahmen und weitere Augenzeugen zur Täterüberführung gesucht). Dieser Übergriff muss auch Konsequenzen innerhalb des Vereins und seiner Fans haben und gründlich aufgeklärt werden. Die Täter(*innen?) sollten meiner Ansicht nach Stadionverbot bekommen.

200 #Nazis greifen Kameruner an. #Polizei schweigt. Verbreitet Infoflyer in #PrenzlauerBerg!
antifa-nordost.org/4925
Plakat / Flyer via North East Antifa @antifanordost 12 Sep 2016


#BlackLivesMatter


Bereits im Juli 2016 demonstrierten im Zuge der
Proteste gegen rassistische Polizeigewalt in den USA
auch in Berlin viele Menschen unter dem Motto "Black Lives Matter"
#BlackLivesMatterBerlin #nomore #racism
Photos by / via @colvieux 10 July 2016


Kampf der AfD!

In der Kastanienallee wurde unter Abfeuerung von Pyros und Applaus dieses
Banner der 'North East Antifa' vom Dach aus entrollt. :-)
Prenzlauer Berg Demo gegen die AfD und Beatrix von Storchs Zentrum "Zivile Koalition e.V." 16 Sept. 2016
Photo by XeKola @Xekola

Zum Abschluss noch Photos von der letzten Aktion, an der ich persönlich teilgenommen habe, der kämpferischen Demo gegen das reaktionäre Zentrum von AfD-Vize Beatrix von Storch am 16. Sept. 2016 in Prenzlauer Berg, die am S-Bahnhof Schönhauser Allee startete und von dort via 'Castingallee' (Kastanienallee) Richtung Zionskirchplatz nach Mitte zog. An der Kreuzung U-Bahnhof Eberswalder Straße (also in Nähe des Tatorts im Mauerpark) wurde auch der rassistische Überfall auf die Menschen aus Kamerun und die unglaubliche Nicht-Reaktion der Berliner Polizei thematisiert und ein sehr traurig machender Brief einer Betroffenen der rassistischen Attacke verlesen. Außerdem wurden Spenden gesammelt und es wird am 24. Sept. eine Kundgebung und ein gemeinsames 'Picknick' mit den Betroffenen im Mauerpark geben, was ich eine gute und schöne Idee finde.

Eines der besten Transparente auf der Demo
Photo by XeKola @Xekola 16 Sept. 2016 in Berlin-Mitte

Ziel der Demo war das Zentrum des Vereins "Zivile Koalition e. V." der stellvertretenden AfD-Bundesvorsitzenden und Berliner Co-Landesvorsitzenden Beatrix von Storch in der Zionskirchstraße 3. Zu der reaktionär antifeministischen und rassistischen Propaganda-Arbeit ihres Vereins gehören die Forderung nach einem Schießbefehl an den Außengrenzen, Anti-Islam-Kampagnen, "zahlreiche Online-Seiten, die gegen Geflüchtete und Muslime, gegen Abtreibungen, Homoehe und den Euro mobil machen" (North East Antifa), die Forderung nach einer 'Deutschquote' im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und einem Volksentscheid gegen Moscheebauten, Hetze gegen 'Gendermainstreaming', 'Homoehe' und Abtreibungen (Bestrafung von Schwangerschaftsabbrüchen!), aber auch Propaganda gegen gerechte Löhne und die Besteuerung von Reichen, zu denen sie und ihr Mann natürlich selbst gehören (mehr dazu im Demo-Aufruf der North East Antifa und in einer ausführlichen Info-Broschüre der Gruppe Nationalismus ist keine Alternative zum Thema "Wer ist die Berliner AfD?", die als PDF online zur Verfügung steht). Wir haben hier also alles auf einem Haufen: Rassismus, Islamophobie, Homophobie, Antifeminismus, Konservatismus, Nationalismus, Kapitalismus.

Neben der friedlichen, aber kämpferischen Stimmung ("AfD in die Spree!") war es toll zu sehen, dass an einigen Häusern in Prenzlauer Berg und Mitte antirassistische / antifaschistische Transparente hingen, Passant*innen, Café-Besucher*innen und Ladenbetreibende in zustimmendes Gelächter ausbrachen (etwa als in einem Redebeitrag u. a. vorgeschlagen wurde, Beatrix von Storch in keinem Laden im Kiez mehr zu bedienen, ich zitiere: "Beatrix von Storch muss guten Grund haben, sich ihr Essen mit dem Pizza-Service zu bestellen"), applaudierten oder von den Fenstern hinunter gewunken haben. Habe ich so in dieser Häufigkeit schon länger nicht mehr auf einer Demo erlebt. Schön.

Den einzigen Kritikpunkt habe ich an der ebenfalls an der Demo teilnehmenden 'Spass-Partei' DIE PARTEI, die diesmal in AfD-Farben (blaues Hemd mit roter Krawatte!) herumlief. Igitt. Ich hoffe, Ihr stellt mit Beendigung des Wahlkampfes solche und vergleichbare Aktivitäten auf linken Demos ein (macht das halt als eigene Performance!), denn ich demonstriere ungern mit uniformierten Menschen (es sei denn, es handelt sich um Arbeiter*innen wie zum Beispiel Krankenpfleger*innen, oder Fetischist*innen), ganz egal ob es sich dabei um 'Satire' handeln soll. Es ist unangenehm, peinlich und schreckt ggf. auch sympathische Menschen ab, sich anzuschließen. Und wer 'Rollkoffer-Demos' gegen Tourist*innen macht, hat meines Erachtens auf einer antirassistisch-feministischen Demo eigentlich eh nichts zu suchen...

STYLE! IT! TAKES! fordert
Reiseverbot für alle Parteimitglieder
und
Sofortiger Rückzug der PARTEI auf die Titanic!

Versöhnliches Angebot:
Die 'Nazis' könnt Ihr hängen lassen!
(^.^)

Hier könnte ein Nazi hängen (Die PARTEI-Plakat zur #Abgeordnetenhauswahl #Berlin)
"Wahrlich, die Spiele sind eröffnet..." schrieb der ehemalige Chefredakteur der Titanic,
Martin Sonneborn @MartinSonneborn, am 1. Aug. 2016 dazu.

Jenseits dessen möchte ich mich mal bei all denen bedanken, die die heute vorgestellten Demos und Aktionen organisiert und mitgetragen haben, ganz besonders dem Blockupy-Bündnis, der Interventionistischen Linken und der North East Antifa. Es waren gute und wichtige Aktionen, und jetzt, nach der Abgeordnetenhauswahl, geht der Kampf gegen die AfD, gegen Rassismus und Antifeminismus, gegen die Festung Europa und für ein Bleiberecht natürlich weiter und hoffentlich erst richtig los!

Refugees Welcome To Stay!

all "pix from demo vs. right-wing populist party #AfD in #Berlin #nika #NoAfD"
by XeKola @Xekola

Dit war's, ich hoffe, es hat ein bißchen gefallen, Interesse geweckt, zum Nachdenken angeregt und Mut gemacht!

See you at the barricades - preferably in high heels!
(^.^)
xxx
Magenta



Überblick unserer kleinen 'Blockupy-Serie':

Grenzenlos. Feministisch. Solidarisch. ★ Kampf der AfD! #Blockupy IV

Siehe auch:

The STYLE! IT! TAKES! Gender Series:
Girls Loving Girls (2015, #III)
Red My Lips (Sexual Assault Awareness Month) (2015, #II)
Style! It! Takes! Manifesto (2013)

sowie

Friday, September 9, 2016

Nieder mit der AKP ★ Solidarität mit Rojava ★ Blockupy III

Mit der Fahne der syrisch-kurdischen Frauenverteidigungseinheiten YPJ
auf dem Weg Richtung Brandenburger Tor
#Blockupy #Kurdistan #Demo Berlin 2 Sept 2016
Photo by XeKola @Xekola

Letzten Freitag startete beim Roten Rathaus am Neptunbrunnen in Berlins Mitte eine größere Demo gegen das AKP-Regime der Türkei unter Präsident Erdoğan. Besonders in der Kritik standen dabei die schmutzigen Deals Deutschlands und der EU mit dem türkischen Terrorregime, welches bekanntlich mit äußerster Brutalität gegen Kurd*innen und Oppositionelle aller Art vorgeht. Darüber hinaus wurde auch erneut Solidarität mit den im nordsyrischen Rojava gegen die von Erdoğan unterstützten IS-Terroristen kämpfenden Kurd*innen und ihre multi-ethnischen Alliierten (die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG & YPJ und die SDF (Syrian Democratic Forces)) demonstriert, weshalb ich mich dazu entschied, meine YPJ-Fahne, also die Flagge der dortigen Frauenverteidigungseinheiten, mit zur Demo zu nehmen, was im Nachhinein eine gute Idee war, auch wenn diese Fahnenstöcke vor und nach der Demo immer ein bißchen nerven.

Organisiert wurde die Demonstration im Rahmen des #Blockupy-Wochenendes gemeinsam von der Interventionistischen Linken (IL) und den wichtigsten kurdischen Gruppierungen in Deutschland: dem kurdischen Dachverband NAV-DEM (Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V.), dem kurdischen Studierenden-Verband YXK und dem mit der prokurdischen und linken 'Regenbogen'-Partei HDP (Partei der Völker) verbundenen Dachverband HDK (Peoples' Democratic Congress, türkisch: Halkların Demokratik Kongresi) aus der Türkei, der – wie auch die HDP selbst – mit diversen in der Türkei lebenden Minderheiten, linken, grünen, feministischen Gruppen und der LGBTIQ-Community assoziiert ist.

Mobilisiert hatten noch weitaus mehr Gruppen, darunter neben dem breiten Blockupy-Bündnis zum Beispiel die umtriebige North East Antifa (Prenzlauer Berg - Weißensee - Pankow ...), die in letzter Zeit auch in Berlin aktive ÖkoLinX-Antirassistische Liste, aber natürlich auch unser kleiner aber feiner Style! It! Takes! Twitter-Account {@magentanetzwerk}, der mittlerweile mit steigender Tendenz immerhin auch schon über 500 Follower*innen hat. :-)

Angesichts der aufrufenden Gruppen war der (mutmaßlich) 'kurdische' Anteil der Demo – etwa im Vergleich zu der Berliner Demo im Januar – leider eher überschaubar, das 'Blockupy-Spektrum' dominierte den Zug diesmal deutlich, während im Januar die 'deutsche' Linke noch durch weitgehende Abwesenheit geglänzt hatte. Dabei war das freundliche und trotz des ernsten und traurigen Themas manchmal fast fröhliche Miteinander von (vermutlich) kurdisch-türkisch-syrisch-stämmigen, deutschen, europäischen und nicht-europäischen Linken eines der Highlights der Demo, das Lust auf weitere gemeinsame Aktivitäten machte!

Und so zogen bei so gar nicht zum düsteren Thema passenden, strahlendem Sonnenschein ca. 800 - 1000 Menschen in einem sehr farbenfrohen und bunten Zug Richtung Brandenburger Tor, begleitet von Parolen gegen deutsche Rüstungsexporte, für die Refugees und gegen die Festung Europa und natürlich gegen Erdoğan und sein Terrorregime.

"Kein schmutziger Deal mit der Türkei! Menschenrechte, Demokratie und Frieden sind nicht verhandelbar" stand auf dem großen Front-Transparent. Dahinter YPJ- & Kurdistan-Fahnen, Öcalan-Flaggen, rote, 'anarchistische' und 'kommunistische' Fahnen aller Art, bunte Schirme, die lila-farbenen Fahnen der kurdischen Frauengruppen, sogar eine Gruppe von 'Piraten' und überhaupt Menschen aller Altersgruppen waren anwesend... auch wenn ich dennoch viele Leute, Kreise und Gruppierungen vermisst habe...
Photo by Tim Lüddemann @timluedde Berlin 2 Sept. 2016

Hintergründe und Themen der Demo – präsent in Form von Transparenten, Flugblättern und zahlreichen, meist guten und auch akustisch gut zu verstehenden Redebeiträgen – waren:

* die unglaubliche Repressionswelle in der Türkei mit Berufs-, Ein- und Ausreiseverboten, Massenentlassungen und Massenverhaftungen von mittlerweile bald 100.000 politisch missliebigen Personen, Zerschlagung der Presse- und Meinungsfreiheit, Rückkehr der Folter bis hin zu Ermordungen und einem vor der Tür stehenden Verbot der einzigen wirklichen Oppositionspartei, der linken, prokurdischen, multi-ethnischen, feministischen, LGBTQ-freundlichen HDP (Partei der Völker) als letzter 'Stolperstein' auf dem Weg hin zur Errichtung eines islamo-faschistischen Präsidialsystems als Diktatur des Autokraten und Möchtegern-Sultans Erdoğan.

Diese Brutalisierung der ohnehin immer schon schlimmen 'türkischen Verhältnisse' begann übrigens mit voller Wucht im Sommer 2015 und ist entgegen anderslautender Behauptungen keinesfalls Folge des gescheiterten Putschversuches mutmaßlicher Anhänger der 'Gülen-Bewegung' vom 15. Juli 2016, der nur die Steilvorlage für die Erklärung des jetzigen, im Grunde schon die ganze Zeit geltenden 'Ausnahmezustands' war.

* Protest gegen die täglich neuen Gewalteskalationen in der Türkei, insbesondere den ebenfalls seit Sommer 2015 laufenden erneuten Krieg gegen die Kurd*innen mit brutalen Dauer-Ausgangssperren und der Bombardierung und Zerstörung kurdischer Stadtviertel im Südosten der Türkei mit Hunderten von Toten (siehe hierzu meinen Artikel #TurkeysWarOnKurds, der das Ausmaß der Zerstörungen anhand zahlreicher Bilder dokumentiert). Seither wurden ganze Städte – darunter auch die zuvor als UNESCO-Weltkulturerbe eingestufte Altstadt von Diyarbakir (kurdisch: Amed) – von der türkischen Armee und ihren Panzern dem Erdboden gleichgemacht und Zehntausende Kurd*innen vertrieben.

* die brandgefährlichen außenpolitischen Kapriolen des türkischen Präsidenten Erdoğan und anderer Vertreter seiner AKP (vgl. auch meinen Post "Das Lied vom totalen Scheitern von Erdoğans Außenpolitik"), zuletzt etwa sein neues Bündnis mit Putin, die laufenden Maulkörbe für Deutschland (Stichworte: Klagen gegen die Satiriker*innen von extra3 und Jan Böhmermann, das Gezerre und die Drohungen um die Armenien-Resolution des Bundestages, Verhinderung von Abgeordnetenbesuchen der Bundeswehr in der Türkei, ein paar Tage nach der Demo dann die Beschlagnahme des Friedman-Interviews...), die ständigen türkischen Bombardierungen im Irak, der Einmarsch der türkischen Armee und mit ihr verbündeter Dschihadisten in Syrien.

* Solidarität mit Rojava (Nordsyrien), also den von Kurd*innen und ihren Alliierten von den IS-Terroristen (Daesh) befreiten und revolutionär-selbstverwalteten Gebieten, die – nachdem die von der Türkei unterstützten IS-Dschihadisten vertrieben wurden – laufend vom türkischen Militär angegriffen werden.

* die verschiedenen 'Deals' Deutschlands und der EU mit dem türkischen Regime, die dieses überhaupt am Leben erhalten (siehe die beiden nächsten Kapitel)


Ins 'Herz der Bestie'

Es war letztlich doch ein erfreulich langer Zug durch Berlins Mitte
Photo by Denis Bauer Berlin 2 Sept 2016 (via HDK-HDP Berlin)

Da die all diese Themen betreffenden Meldungen jeden Tag neue, traurige Höhepunkte erreichen, war ich regelrecht froh, dass es endlich wieder eine neue, größere Solidaritätsdemonstration in Berlin gab, die die Politik des menschenverachtenden AKP-Regimes in der Türkei und die hanebüchende Zusammenarbeit der Bundesregierung mit diesem entschieden verurteilt.
Der Fokus auf deren schmutzige Deals – wozu nicht nur der 'Flüchtlingsdeal' zwischen der EU und der Türkei gehört, sondern auch deutsche Waffenlieferungen, das auf Wunsch der Türkei auch in Deutschland und der EU geltende Verbot der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) mit der entsprechenden Repression gegen die kurdische Freiheitsbewegung auch in Deutschland, die enge wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit zwischen den Ländern und das mit all dem einhergehende tödliche Schweigen unserer Regierung und auch von staatsnahen Teilen der Medien – war für eine Demo 'im Herzen der Bestie' gut gewählt.

"Beautiful demo in #Berlin in front of the Brandenburger Tor (symbol of German imperialism)
#TwitterKurds #Rojava"
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin, text as shared on our Twitter-Account.
2 Sept. 2016


Gegen die Deals mit Erdoğans Terrorstaat

No Deals with the AKP regime - Peace & Freedom for Kurdistan
Banner @ Rojava solidarity rally Berlin 2. 9.
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin

Da die immer häufiger ins Absurde kippende "Abhängigkeit" (Politikername dieses Zitats kann selbst ausgefüllt werden) Deutschlands von der Türkei als "Bollwerk für die Abschirmung von Migrant_innen, die vor Krieg, Hunger und in ein besseres Leben fliehen" (aus dem gemeinsamen Aufruf von NAV-DEM / HDK / IL) und das damit einhergehende anhaltende Schweigen zu den täglichen brutalen Menschenrechtsverletzungen und der Kriegspolitik der Türkei vor allem mit dem von der Bundesregierung und der EU unter Federführung von Angela Merkel (CDU), Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Martin Schulz (SPD) eingefädelten 'Flüchtlingsdeal' mit der Türkei begründet wird, macht es Sinn, diesen ins Visier zu nehmen und seiner Grundlage zu berauben. Denn hinter all dem stehen ja letztlich die rassistische Stimmung in Deutschland / Europa und die Wahlerfolge rechter Parteien wie der AfD (siehe hierzu meinen Post "Alle faschistischen Deutschen (AfD)..."), die – zusammen mit den europäischen 'Architekten' des Flüchtlingsdeals und den mit Ausnahme der HDP vollkommen apathischen türkischen 'Oppositionsparteien', der kemalistischen CHP und der nationalistischen MHP – trotz ihres (nicht nur) anti-türkischen Rassismus und ihrer Islamophobie zu Erdoğans wichtigsten Steigbügelhaltern geworden sind.

Über Hintergründe und Details dieses tödlichen Pakts habe ich schon im März ausführlich berichtet (siehe "Merkel & die EU zwischen AfD und AKP"), weshalb ich es hier bei dem Hinweis belassen möchte, dass meine dort vertretende Einschätzung sich seither leider mehr als bewahrheitet hat. Meine These war, dass Gewinner dieses Deals nur die AKP in der Türkei und die AfD in Deutschland sein würden, während die Verlierer*innen die Flüchtlinge, die Kurd*innen und die Opposition in der Türkei (wie auch in Deutschland) sein würden. Und genau so ist es auch gekommen. Selten hat es mich mehr geärgert, Recht behalten zu haben.

Die aktive Mittäterschaft der SPD kann angesichts einer aufgrund der falschen Beweggründe schon lange mehr als fragwürdigen "Merkel muss weg"-Stimmung übrigens nicht oft genug betont werden, bevor sich der vollkommen unverständlich beliebte Außenminister und der Rest seiner Partei wieder als vermeintliche Menschenrechtspartei hinter der Kanzlerin verschanzen, während Parteichef und Vizekanzler Gabriel laufend Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien oder in die Türkei genehmigt...

Zu den wenigen im Bundestag vertretenen Parteipolitiker*innen, von denen immer wieder Kritik geäußert wird, gehören vor allem Vertreter*innen der Grünen (etwa Cem Özdemir) und der Linken (etwa Ulla Jelpke oder Katja Kipping). Dies ist übrigens keine Wahlwerbung, sondern schlicht und einfach eine Feststellung. Auf der Blockupy-Demo spielten Vertreter*innen dieser Parteien gegenüber linken, autonom-undogmatischen oder antirassistischen Gruppen allerdings meinem Eindruck nach übrigens keine größere Rolle, auch wenn einzelne präsent waren.

Wie schon in meinem genannten Artikel vorgeschlagen, kann der "abscheuliche Knoten" aus dem "Ineinandergreifen von innereuropäischem Rassismus, Abschottung der 'EU-Festung Europa' und AKP-Diktatur in der Türkei" nur in 'Handarbeit' aller, "denen Menschenrechte, Demokratie und Selbstbestimmung irgendetwas bedeuten", zerschlagen werden. Dazu zähle ich vor allem "Flüchtlingsunterstützer*innen, Human Rights Aktivist*innen, Antira- und Antifa-Gruppen, die kurdische Bewegung und ihre Unterstützer*innen" (alle Zitate aus "Merkel & die EU zwischen AfD und AKP"), also ziemlich genau die, die bei der Demo auf der Straße waren.

Eine von Aktivist*innen aufgebaute Info-Mauer informierte unter anderem über die tödlichen Folgen des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals und der Festung Europa, aber auch die deutsch-türkischen Waffendeals und Wirtschaftsdeals (Photo weiter unten). Auf der Rückseite befand sich übrigens ein überdimensionales Photo eines kurdischen Kindes in einem von der türkischen Armee zerschossenen Stadtviertel im Südosten der Türkei. Solche und andere Gewalttaten des AKP-Regimes unter Erdoğan produzieren mittlerweile auch immer größere Zahlen von (vor allem kurdischen) Binnenflüchtlingen und ganz aus der Türkei fliehenden Menschen.
Die Türkei der AKP ist schon lange kein "sicherer Drittstaat" mehr, sondern selbst ein Fluchtgrund!
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin
2 Sept 2016


Solidarität mit Rojava


'Selfie' meiner YPJ-Fahne mit Fernsehturm beim Alexanderplatz im Hintergrund.
Ich fordere ja schon länger, dass Berlin (wie Rom) Partnerstadt von Kobanê
oder einer anderen kurdisch-geprägten Stadt in Rojava werden sollte.
Hat das schon jemand im Programm für die Wahlen am 18. Sept. in Berlin?
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin
2 Sept 2016

Während die Nachrichten aus dem nordsyrischen Rojava seit der Befreiung der Stadt Kobanê Ende Januar 2015 (wir berichteten ausführlich) in ihrem Verlauf insgesamt dauerhaft 'positiv' waren, weil es den kurdisch-alliierten Kräften seit Kobanê gelungen ist, immer weitere Teile Nordsyriens von den Schlächtern des dschihadistischen IS-Kalifats (Daesh) zu befreien (siehe auch die Artikel "Mit Pferdeschwänzen gegen Terroristen" und "Der kürzeste Weg nach Tall Abyad"), hat, um es auf den Punkt zu bringen, Erdoğan seither keine Gelegenheit ausgelassen, wieder alles zu vermasseln und die höchst erfreuliche Entwicklung (im wahrsten Sinne des Wortes wie auch im übertragenen Sinne) zu 'torpedieren'. Nach dem hoffnungsfrohen Wahlerfolg der HDP im Juni 2015 griff er zunächst die kurdische Bewegung in der Türkei an, die sich seit jenem Sommer (wie bereits ausgeführt) in rasenden Schritten auf eine Ein-Mann-Diktatur zubewegt hat. Parallel setzte er die brutale Entwicklung im eigenen Land aber auch im Nachbarland Syrien fort, zunächst mit der – der Weltöffentlichkeit wie auch den russischen, deutschen und anderen Nachrichtendiensten bekannten – türkischen Unterstützung der IS-Dschihadisten und anderer islamistischer Gruppierungen, dann mit wiederkehrendem Artillerie-Beschuss der unter großen Opfern von den IS-Barbaren befreiten Regionen über die Grenze hinweg.

Am 24. August 2016, also wenige Tage vor der Demo, ist die türkische Armee unterstützt von der Turkish Air Force und angeblichen 'Rebellen' (unter denen sich abermals zahlreiche islamistische Dschihadisten befinden) nun nach 5 Jahren brutalem Bürgerkrieg auch noch direkt im kriegszerstörten Syrien einmarschiert. Ziel der Operation ist nicht – wie teilweise behauptet – den IS zu zerschlagen, sondern, wen sonst, die äußerst erfolgreichen syrischen Kurd*innen und ihre multi-ethnischen, säkularen und multi-religiösen Verbündeten (darunter syrische Araber*innen, Assyrer*innen, Turkmen*innen, Muslime, Christ*innen, Alevit*innen usw.), die noch kurz zuvor gemeinsam die wichtige Stadt Manbij vom IS befreit hatten.

Mit der türkischen Intervention ist die bisher von den USA unterstützte, seit Kobanê anhaltende erfolgreiche kurdisch-alliierte Offensive gegen den IS (Daesh) vorerst zum Stoppen gebracht worden, während sich von Erdoğan unterstützte Dschihadisten und Islamisten als 'Ersatz' für den am Boden liegenden IS nördlich von Aleppo breit machen können. Erklärtes Ziel der Türkei ist eine vollständige Zurückdrängung der Kurd*innen auf das Ostufer des Euphrat, also eine komplette Aufgabe der mit US-Unterstützung unter lebensgefährlichem Einsatz im Laufe dieses Jahres befreiten Gebiete westlich des Flusses! Unverschämter geht es fast nicht mehr. Und 'die Welt' schweigt mal wieder.

Protest gegen die Menschenverachtung der IS-Dschihadisten
und
Erinnerung an die zentrale Rolle der Stadt Kobanê (Kobanî)
im Kampf um die Befreiung Rojavas
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin
2 Sept 2016

Gleichzeitig fährt die Türkei auch östlich des Euphrat fort mit einem – wie zu Befürchten steht ganz im Sinne des EU-Flüchtlingsdeals – Mauerbau (!) entlang der nordsyrisch-türkischen Grenze und auf zu Syrien gehörendem Territorium von Rojava (etwa dringend benötigte landwirtschaftliche Flächen in der Nähe von Kobanê, siehe hierzu auch "Die Rückkehr des zivilen Lebens in Kobanê" sowie die aktuellen Photos unten), denn so ganz ohne imperiale Grenzausdehnung der Türkei macht Erdoğan natürlich nichts. Die protestierenden Einwohner*innen Kobanês, die keine Mauer, sondern dringend einen humanitären Korridor für Hilfslieferungen benötigen, wurden in den letzten Tagen von der Türkei 'wie gewohnt' mit Wasserwerfern, Tränengas und Geschossen attackiert, wobei es neben Dutzenden Verletzten auch Tote gab. Als der IS Kobanê monatelang brutal belagerte, schaute die türkische Armee gelangweilt von der anderen Seite aus zu und die Grenze zur Türkei war sperrangelweit offen für Waffen-, Sprengstoff- & Rekrutentransporte der IS-Terroristen. Jetzt, wo die Dschihadisten vertrieben sind, greift der 'NATO-Partner' und 'strategische Verbündete' der EU die Zivilist*innen an:

Der nächste Mauerbau sponsored by EU: #TerroristTurkey
"Turkey military attacks #Kobane residents protesting the border wall w. tear gas-water cannons this morning #EU #US"
Both photos & English text via @nighttides 2 Sept 16

Der Westen, insbesondere die EU, die NATO und das US-geführte Anti-IS-Bündnis "Operation Inherent Resolve" (OIR), sollten sich langsam mal entscheiden, wen sie in diesem Krieg eigentlich unterstützen, nachdem Tausende ihr Leben für den Kampf auch um unsere Freiheit verloren haben. Unter diesen sind übrigens nicht nur Kurd*innen und andere freiheitsliebende Menschen aus Syrien, sondern auch Freiwillige aus aller Welt, darunter mittlerweile auch schon drei gefallene Internationalist*innen aus Deutschland. Das Trauerspiel der westlichen Türkei- und Syrien-Politik ist wahrlich zum Fremdschämen. Auch dagegen wollte ich mit meiner YPJ-Fahne ein Zeichen der Solidarität mit den tapferen und leidgeprüften Menschen in Rojava setzen, die dort trotz alledem ein "demokratisches, friedliches Miteinander aller Nationalitäten, Religionen und Geschlechter" aufbauen, in einem alternativen Gesellschaftsmodell, dessen "Freiheitsrechte, basisdemokratische Selbstverwaltung und Selbstbestimmung" einzigartig in der kriegsgeplagten Region sind und "den einzigen erfolgversprechenden Lösungsansatz für eine nachhaltige Befriedung des Nahen Ostens" darstellen (Zitate aus dem gemeinsamen Aufruf von NAV-DEM / HDK / IL). Ich bitte in diesem Zusammenhang und mit Blick auf das Photo oben rechts auch um Beachtung der Tatsache, dass in der autonomen Region Rojava Frauen selbst entscheiden können, ob sie zum Beispiel ein Kopftuch tragen und gleichberechtigter Teil der politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und auch militärischen Entscheidungen sind, während wir in der Türkei und teilweise auch in Europa (etwa das reaktionäre Frauenbild der AfD) einen anti-emanzipativen, anti-feministischen Backlash erleben...

Flagge zeigen vor dem Brandenburger Tor:
Die Frauenverteidigungseinheiten YPJ gehören zu den erfolgreichsten Gruppen im Kampf gegen die IS-Dschihadisten. Hier habe ich meine Fahne mal kurz für dieses Photo an eine Mitdemonstrantin ausgeliehen.
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin
2 Sept 2016


Die tödlichen Mauern zum Einsturz bringen

Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt!
... und besonders in der Türkei!
"Well prepared: Activists built a wall @ Rojava Solidarity Rally Berlin informing abt
#Germany's arm trade to #Turkey"
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin, English text as shared on our Twitter-Account.
Berlin 2 Sept. 2016

Angesichts der dramatischen Situation in der Türkei und der türkischen Intervention im nordsyrischen Rojava bei gleichzeitigem, mittlerweile offen begründeten Stillschweigen der Bundesregierung und der EU muss Druck auf die Türkei vor allem 'von unten' kommen.

Dazu gehört ein vollständiger Tourismus-Boykott (auch dazu gab es übrigens ein gut gemachtes Flugblatt) und der Verzicht von Waren aus der Türkei, ganz egal ob es sich dabei um Mode / Textilien, Nahrungsmittel oder Dienstleistungen (Stichwort: Turkish Airlines) handelt.
Es geht dabei natürlich um Himmels Willen nicht darum, den sogenannten 'türkischen Gemüsehändler' oder 'Späti' um die Ecke zu boykottieren, denn abgesehen davon, dass es sich bei diesen auch öfters um Kurd*innen oder andere Landsleute handelt, ist normalerweise nur ein kleinerer Teil von deren Waren aus der Türkei. Spanische Oliven oder griechischen Schafskäse zu boykottieren bringt nicht nur nichts, sondern ist auch unfair den meist netten Läden gegenüber und es darf nicht dazu führen, das gewachsene Zusammenleben mit aus der Türkei stammenden Menschen in Europa zu stören. Also Augen auf bei den Beschriftungen (Feigen aus der Türkei gibt es z. B. auch in Supermärkten), denn die Wirtschaft in der Türkei kriselt schon länger, der Tourismus liegt am Boden (wie ich höre, gehen jetzt alle nach Bulgarien & Griechenland ♥), die Investitionen auch und ein weiterer Abschwung könnte den Rückhalt von Erdoğan verringern und die Chancen für ein Einlenken in Bezug auf Friedensverhandlungen mit der kurdischen Bewegung erhöhen, zumal diese Boykott-Kampagnen mittlerweile weltweit laufen.

Boycott #TurkeysWarOnKurds
No holidays in Turkey, no fashion from Turkey, no food from Turkey...!

  
Boycott 'Made In Turkey'
Pic via @KurdisCat (Spain)

Boycott Turkish Airlines
Anti Turkish Airlines Poster
"Proud sponsors of IS Terrorism"
der Kampagne #DontGoTurkey
via @AnilElbistanli


Jenseits dessen lauten die wichtigsten
Forderungen der Stunde
meiner Ansicht nach:

in Richtung Deutschland / EU:

Aufkündigung des Flüchtlingsdeals mit der Türkei
stattdessen mehr Hilfen für Griechenland und bessere Verteilung in der EU

Humanitäre Hilfen für die selbstverwaltete Region Rojava
und die Zehntausenden von Flüchtlingen, die sie aufgenommen hat

Stop jeglicher deutscher Rüstungsexporte in die Türkei

Abzug der Bundeswehr aus der Türkei
(falls die Bundesregierung nicht auf ihren Syrien-Einsatz verzichten will, gibt es übrigens auch Alternativen auf Flughäfen in Griechenland und Malta...)

Weg mit dem PKK-Verbot in Deutschland / EU
(das kann auch mit einer schrittweisen Entkriminalisierung erfolgen, etwa der Abschaffung von 'Propagandadelikten' etc. ähnlich wie in der Schweiz)


in Richtung Türkei:

Abzug der türkischen Armee aus Rojava & Syrien

Schluss mit dem Mauerbau entlang Nordsyriens

Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen in der Türkei

Schluss mit der Kriminalisierung der Opposition


Dem Abbau der Info-Mauer am Ende der Demo müssen weitere Taten folgen, denn
sämtliche tödlichen Mauern der Türkei und der EU müssen eingerissen werden:
die Mauern gegen Demokratie & Menschenrechte in der Türkei,
die türkische Mauer (und die damit zusammenhängende Wirtschaftsblockade) an der Grenze zu Rojava / Syrien und
die tödlichen EU-Außengrenzen der Festung Europa.
Photo by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin
2 Sept. 2016


Blicke in die Zukunft



Ach wären die echten Mauern nur so einfach zum Einsturz zu bringen wie die bisweilen etwas wacklige Info-Mauer, die ab und an sogar von uns Demonstant*innen 'gestützt' werden musste...
Alle drei Photos von Denis Bauer Berlin 2 Sept 2016 (via HDK-HDP Berlin)

Insgesamt war es eine tolle Demo, für mich aufgrund des mir sehr am Herzen liegenden Themas und besonders der netten Atmosphäre die Beste in Berlin seit langem. Nur die diesmal vergleichsweise schwache kurdische Beteiligung war ein bisschen schade. War der Blockupy-Rahmen für manche abschreckend oder waren schon alle auf dem Weg nach Köln? Dort demonstrierten am nächsten Tag fast 30.000 (vor allem) Kurd*innen auf einer Großdemonstration, auf dem gleichen Gelände auf dem wenige Wochen vorher eine ähnliche große Zahl (vor allem) türkischer AKP-Anhänger und Erdoğan-Fans demonstriert hatte. Anwesend waren dort auch Spitzenvertreter der wichtigsten kurdischen Parteien, Selahattin Demirtaş von der HDP und Salih Muslim von der syrisch-kurdischen PYD (der zu den YPG / YPJ gehörenden Partei). Im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen, wo z. B. auch im Dezember 2015 schon eine bundesweite kurdische Großdemonstration in Düsseldorf mit über 15.000 Besucher*innen stattgefunden hat (bei der Newroz-Demo in Hannover waren es im März immerhin auch über 12.000), tut sich Berlin scheinbar immer noch etwas schwer mit größeren Mobilisierungen zum Thema, auch wenn mir noch nicht ganz klar ist, woran es liegt.

Wenn wir diesbezüglich mehr Druck im 'Zentrum der Macht' ausüben wollen, müssen die kurdische Bewegung, die türkische, syrische, irakische etc. Linke (Stichwort: Flüchtlinge) und die hiesige linke, antifaschistische und antirassistische 'Szene' wohl noch stärker zusammen kommen, denke ich. Für Antifas sollte das Thema 'Türkei auf dem Weg in den Faschismus' doch auch relevant sein, für Antirassist*innen die rassistische Diskriminierung und Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen in der Türkei, für Flüchtlingsgruppen ist der 'Flüchtlingsdeal' ein zentraler Anknüpfungspunkt, für vor islamistischem Terror Geflüchtete (z. B. auch aus dem Iran) der Kampf gegen den IS, für Friedensinitiativen die deutschen Rüstungsexporte, für queer-feministische Gruppen die gewaltsame Niederschlagung emanzipatorischer Kämpfe in der Türkei, für linke Ökolog*innen, Gewerkschaftler*innen, Internationalist*innen, Feminist*innen und Revolutionäre das selbstverwaltete Projekt in Rojava... Soviele Berührungspunkte... und alles hängt eng miteinander zusammen. Es gibt also noch viel zu tun und zu vernetzen. Die Demo war aber ein guter und vielversprechender 'Anfang', der – das möchte ich zum Abschluss noch einmal betonen – überraschenderweise auch sehr viel Spaß gemacht hat.

Danke an die Organisator*innen und alle, die dabei waren!


Straßentänze

Da ich mir sehr viel Mühe gegeben habe, mein Outfit in den 'kurdischen Farben' zu halten, war ich ganz froh, dass ich ein recht beliebtes Photo-Motiv wurde... Weil sich in meinem Kleiderschrank aber partout keine gelben Sachen finden, habe ich mir zu dem roten Blumentop und den (eigentlich zu warmen) grünen Stiefeletten mit einem gelblich-grünen Einkaufsbeutel beholfen... (^.^) Hat anscheinend funktioniert, jedenfalls gab's viel positives Feedback dafür und mehrere nette Photograph*innen, die es festgehalten haben...
Dieses Bild entstand beim Fahne schwenken während mir direkt gegenüber
Demonstrant*innen anfingen auf der Straße zu tanzen. :-)

Beide Photos sind von Denis Bauer und wurden auf der Facebook-Seite der HDK-HDP Berlin veröffentlicht,
wo es ein ganzes Album zur Demo gibt.

Ein Lob an dieser Stelle auch für die tolle, abwechslungsreiche und gut eingesetzte Lauti-Musik, die die bunte Demo gut widerspiegelte, indem neben eher üblicher linker 'Demo-Mucke' zum Beispiel auch traditionelle und zeitgenössische kurdische Musik oder Songs der (wie ich finde manchmal übertrieben kritisierten) in den USA lebenden kurdisch-irakisch-finnischen Latin/Middle East-R&B-Popsängerin Helly Luv (bekannt für Songs wie "Risk It All" (2014) und "Revolution" (2015)) liefen, was als Demo-Soundtrack übrigens verdammt gut kam!
[Eine Vorstellung von Helly Luv mit Photos und dem sehenswerten "Risk It All"-Video befinden sich übrigens am Ende meines Artikels "The Politics of the Future"].

Final 'flag selfies'
by
STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin
2 Sept 2016


FUN FACT zum Abschluss:
Da die anderen YPJ-Fahnen während der Demo an Demonstrant*innen verteilt worden waren und am Ende wieder eingesammelt wurden, kamen nacheinander insgesamt sechs (!) verschiedene Leute aus dem Orga-Team zu mir und wollten auch meine Fahne 'einsammeln'.
Die hatte ich aber bei der Demo im Januar von Aktivist*innen gegen eine Soli-Spende
'ehrlich erworben', sie hängt seither bei mir hinter dem Schreibtisch und wohnt also quasi
bei mir zu Hause.
Ich durfte sie dann auch wieder dorthin zurückbringen.
(^.^)

... wobei es gar nicht nach Hause ging, womit wir wieder beim lästigen Herumtragen von Fahnenstangen wären. Aber das hatten wir schon.
;-)

Ende der Demo, Ende des Artikels,
für's Erste erschöpft.

xxx
Eure
Magenta

Es folgt wohl noch ein Teil IV der kleinen 'Blockupy-Serie'.
Bisher erschienen sind:
Nieder mit der AKP ★ Solidarität mit Rojava ★ Blockupy III

... und hier ist auch der letzte Teil:
Grenzenlos. Feministisch. Solidarisch ★ Kampf der AfD! #Blockupy IV

Bei etwaigen Bitten um Entfernung eines Photos,
Anfragen oder Korrekturen:
Kontakt via Twitter-DM
Magenta
Ansonsten an dieser Stelle noch einmal
ganz herzlichen Dank an die Photograph*innen!
Falls jemand Bilder benutzen will,
bitte wie auch hier im Blog üblich
die Quellen und deren Namen nennen.