Sunday, October 28, 2012

CROATIAN DIARIES # V: Postcards from SISAK

Zwischen Konzerten, Ausflügen, Video-Drehs, Mode- und Flohmarkt-Shopping hatten wir unsere Residenz in der geschichtsträchtigen Stadt SISAK, etwa eine Stunde südöstlich von Zagreb. Die heute ca. 33.000 Einwohner*innen zählende Kleinstadt mit 2500-jähriger Geschichte wurde von den einst dort siedelnden Kelten Segestica, im Römischen Reich lateinisch Siscia genannt.
Wir haben uns von oben herangetastet...
 






Aussichtsturm & wunderschöne Wälder / Look-Out and beautiful woods

 



Yugoslavian water tower in Sisak, 20th cent. / Sisački vodotoranj, 20. st.




Ein Schlumpf-Garten / A smurf garden

 

Schneewittchen in einem blauen Kleid inmitten von Gartenzwergen und Schlümpfen /
Snow White in a blue dress in the middle of garden gnomes and lots of smurfs


Friedhof / Cemetery Gradsko Groblje Viktorovac


 



Die überall abgelegten bunten und verspielten Stoffblumen-Kränze und Gestecke waren schön und faszinierend



Am Fluss / At the river


Sisak liegt an gleich drei Flüssen: der Odra, die in die Kupa mündet, welche wiederum in die Sava mündet. Überall liegen schöne Boote an den malerischen Flussufern.
Hier haben wir an unserem letzten Tag Fisch gegrillt.



Ein Hund auf der Suche nach dem Maulwurf / A Dog searching for the mole

Ein schöner öffentlicher Grillplatz am Flussufer / A beautiful public barbeque place at this river side

Saša gelang es, auch mit nassem Holz das Feuer anzufachen, um unseren leckeren Fisch (Großer Roter Drachenkopf, Škarpina) und Esskastanien (Kesten) zu grillen (^.^)
Though the wood was wet Saša succeeded in making a fire to grill our delicious fish (Scorpaena scrofa) and sweet chestnuts (Kesten)
 

 
In den Flüssen und Böden der Stadt wurden immer wieder Spuren der Vorgeschichte gefunden.

In Sisak geprägte römische Münze mit Mitkaiser Vetranio (AD 350) /
Roman coin with emperor Vetranio struck at Sisak mint (AD 350)

Die Festung Stari Grad / The fortress Stari Grad

 
Wappen der Stadt SISAK /
Sisak coat of arms

Am 22. Juni 1593 wurden hier die als übermächtig geltenden Osmanen von einem Bündnis aus Kroaten und der Habsburger Monarchie besiegt (Schlacht bei Sisak), was allerdings zum sog. Langen Türkenkrieg führte.

Die Festung Stari Grad (Alte Stadt) in Luftaufnahme / The fortress Stari Grad (Old Town) from a plane

Die antifaschistischen Partisan*innen von Sisak / The antifascist partisans of Sisak
 

Im II. Weltkrieg wurde am 22. Juni 1941 im Wald Brezovica bei Sisak die erste antifaschistische Partisaneneinheit auf dem Gebiet Jugoslawiens gegründet: Beginn des von allen Volksgruppen getragenen bewaffneten Widerstandes gegen das NS-Kollaborationsregime der Ustaša (sog. 'Unabhängiger Staat Kroatien' (NDH)). Sie wurden von entflohenen französischen KZ-Häftlingen (Partisaneneinheit Liberté), polnischen und russischen Zwangsarbeitern (Kompania Stary), Freiwilligen aus Österreich und Deutschland unterstützt. Dieses Datum ist heute als „Tag des antifaschistischen Kampfes“ (Dan antifašističke borbe) ein nationaler Feiertag.


 Abenddämmerung an der Kupa / Dusk at the river Kupa
 
 
Im Sommer sitzen die Menschen vor den Cafés und in Biergärten entlang des Flusses. Wir waren stattdessen in einem Restaurant und haben uns nach unserem langen Spaziergang mit Ćevapi gestärkt (kaum als Ćevapčići zu bezeichnen, da dies die Verkleinerungsform darstellt und eine Verkleinerungsform der Fleischwürstchen angesichts der auf den Tellern liegenden Mengen wenig angebracht ist... *lach*). An den Ufern konnten wir Angler beobachten: in allen 3 Flüssen der Stadt wird gefischt. Sisak hat den größten Flusshafen Kroatiens und beherbergt auch große Industrieanlagen: Erdöl-Raffinerien, Eisen-, Stahl-, Schifffahrts-, Lebensmittel- und Chemieindustrie. In einer riesigen, stillgelegten Fabrik haben wir ein noch nicht fertiggestelltes Musik-Video für Popsimonova und Nora Below gedreht.



Die gequälten und ermordeten Kinder Sisaks / The tortured and murdered children of Sisak


In unmittelbarer Nähe zur in die Innenstadt führenden Brücke und der Kathedrale von Sisak (siehe unten) errichtete das Vasallenregime der Ustascha 1942 in Sisak ein zum größten Vernichtungslager in Südosteuropa, dem Konzentrationslager Jasenovac gehörendes KZ-Außenlager für Kinder. Im KZ Sisak wurden 6690 serbische, jüdische und Roma-Kinder im Alter zwischen 3 und 16 Jahren inhaftiert. Sie wurden mißhandelt, vergiftet, ermordet, viele starben aufgrund vorenthaltener Nahrung an Hunger oder an Krankheiten aufgrund der unmenschlichen hygienischen Bedingungen. Die römisch-katholische Kirche spielte dabei wie so oft in der Geschichte eine zentrale Rolle: im KZ Jasenovac waren Franziskaner- und andere Pastoren jahrelang als KZ-Kommandanten tätig. Mitarbeiter des Roten Kreuzes und jugoslawische Kommunist*innen hingegen versuchten gemeinsam mit Teilen der kroatischen Zivilbevölkerung, Kinder aus dem KZ Sisak zu schmuggeln und zu retten, Bürger*innen Sisaks gaben unter Lebensgefahr Kinder als ihre eigenen aus. Im Mai 1945 wurde das Lager von jugoslawischen Partisan*innen befreit.




An die Schrecken des Kinder-Konzentrationslagers Sisak erinnert ein Springbrunnen mit Statuen von sieben spielenden Kindern. Die ursprünglich angebrachte Gedenktafel wurde während des Kroatienkrieges heruntergerissen und zerstört. Das ehemalige vierstöckige Hauptgebäude des Lagers neben dem kleinen Park beherbergt heute u. a. ein Kino und eine Diskothek.


Die Kathedrale des Heiligen Kreuzes / The Roman Catholic Cathedral of the Exaltation of the Holy Cross (Katedrala Uzvišenja Svetog Križa)

Die Kirchenglocken läuten nie, wenn sie gebraucht würden / The church bells never ring when they are needed





Im unsäglichen jugoslawischen Bürgerkrieg markierte das nunmehr zu Kroatien gehörende Sisak die Grenze zu den serbisch kontrollierten Gebieten der sogenannten „Republik Serbische Krajina“ (1991-95). Erneut eine schreckliche Zeit des Rassismus, der Gewalt, Zerstörung, Vertreibung und des politisch-ethnisch-religiös motivierten Mordes auf allen Seiten.

Fremde in Sisak / Strangers in Sisak



 


Trotz überall noch sichtbarer Spuren dieses furchtbaren Krieges ist Sisak heute glücklicherweise wieder eine friedliche und schöne Stadt mit auch Fremden gegenüber freundlichen Menschen. Auch serbisch-stämmige Menschen sind erfreulicherweise zurückgekehrt...





...und das kulturelle Leben mit Ballett- und Theateraufführungen, Sport (u. a. Eishockey und Baseball), Cafés, Bars, Discotheken und Clubs und vielen kleinen Mode-Geschäften, Friseursalons, Gemüseläden und kleinen Kiosken machen die Stadt lebens- und liebenswert.


Miss Sisak

Auch wenn wir selbst nicht da waren, möchte ich Euch zum Abschluss ein paar Photos von der Miss-Wahl in Sisak nicht vorenthalten... (^.^)


 

 

  
Queen of Sisak

 
Sweet Bijela: A dog has an owner. A cat has staff.

 

Pictures by Magenta except:
pictures of the fortress Stari Grad, the monument of the partisans and the Miss Sisak-show courtesy of www.sisak.info.
Old postcard by Kasina.
Kitty Cat by Nora Below.

xxx, Mir (Peace) ♥