Friday, October 9, 2015

Pop & Elend

"Burn down the disco, hang the blessed DJ!
Because the music that they constantly play, it says nothing to me about my life..."
(The Smiths: Panic, 1986).

Es gibt eine Geschichte, wonach die Smiths die Idee zu ihrem Stück "Panic" bekamen, nachdem ein BBC Radio One-DJ nach der Meldung von der atomaren Reaktorkatastrophe in Tschernobyl die Tanznummer "I'm Your Man" der Popgruppe Wham! aufgelegt hat und Smiths-Gitarrist Johnny Marr darauf hin zu Sänger und Textschreiber Morrissey gesagt haben soll:

"What the fuck does this got to do with people's lives? We hear about Chernobyl, then, seconds later, we're expected to jump around to 'I'm Your Man"
Johnny Marr, zit. nach Goddard, Simon: The Smiths: Songs That Saved Your Life, Reynolds & Hern Ltd., 2003, S. 193

Auch wenn die Exaktheit der Überlieferung später in Zweifel gezogen wurde, trifft die Geschichte für mich voll auf den Punkt. Nach einem insgesamt sehr politischen Jahr in diesem Blog ging es hier erst in den letzten Wochen nach langer Zeit überhaupt mal wieder um Musik. Meine diesbezügliche Zurückhaltung hatte Gründe. Angesichts des Schreckens der Kriege in Syrien, Irak und neuerdings auch noch in der Türkei (ich berichte hiervon, mit Schwerpunkt auf Nordsyrien, seit November 2014 laufend in diesem Blog und diese 'Themen' sind seitdem Teil meines täglichen Lebens geworden) sowie der gleichzeitigen widerlichen politischen Entwicklungen (nicht nur) in Deutschland (Pegida & Co., eine zutiefst rassistische staatlich-mediale 'Asyldebatte' gepaart mit Angriffen und Brandanschlägen auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte etc.) ist auch mir die Lust und das Interesse am Musikhören und Ausgehen (und mehr noch am darüber schreiben) zwischenzeitlich ehrlich gesagt ein bißchen vergangen (*).

Außerdem lege ich an Musik, über die ich hier berichte, auch textlich und / oder bezüglich der politisch-künstlerisch-ästhetischen Verortung, recht hohe Maßstäbe an, um dieses weite Feld nicht in einem Sumpf der Beliebigkeit und Belanglosigkeit versinken zu lassen, was nicht so meine Art ist. Grundsätzliche und spezielle Gedanken dazu habe ich schon früh und immer wieder geäußert, etwa in meinen Artikeln zur grundsätzlichen Bedeutung von Punk, über das feministische Moskauer Punk-Kollektiv Pussy Riot (beide vom Dezember 2013), zu Popsimonova und Laibach (2014) oder zuletzt im September in meiner The Libertines - Einführung (2015) (eine ausführlichere Linkliste entsprechender Artikel findet sich am Ende dieses Posts). Dabei habe ich ganz unabhängig von den verschiedenen musikalischen Sparten immer versucht, auch einen Zugang zu den Inhalten der Musik zu finden und diese in kleine und größere, persönliche und gesellschaftliche Zusammenhänge zu stellen. Schließlich sollte gute Musik (und jede Art von Kunst) in meinen Augen auch die Welt spiegeln oder reflektieren, in der wir leben.

Umso erfreulicher, dass offensichtlich mittlerweile auch Teile der vielfältigen internationalen Musikszenen aufgewacht sind. Ja, es gibt wieder Musik, die mich berühren kann wie einst die Smiths, weil sie etwas zu sagen hat über mein, unser und anderer Menschen Leben! Daher heute für Euch ein paar aktuelle(re) Beispiele mit Bezug zu den (so tragisch das ist, vielleicht endlich!) auch vor unserer Haustür angekommenen Themen Krieg und Flucht, inklusive drei sehr unterschiedlicher Videos und einem taufrischen, international zusammengestellten Solidaritätssampler aus Österreich.


Elend Macht Pop

"Run for your life!!!"
Aufschrei der Laibach-Sängerin Mina Špiler im Song "Bossanova" (2014)
über ein kapitalistisches Weltsystem mit "the cold-blooded mind of a cannibal"

Über unterdrückte oder notleidende Personengruppen zu singen, denen mensch nicht selbst angehört, ist grundsätzlich niemals unproblematisch, weil es immer die Gefahr der Vereinnahmung oder der Bedienung von Klischees in sich birgt - erinnert sei prototypisch etwa an die "Band Aid" / "Live Aid" - Aktivitäten, zu denen ein kluger Kopf (ich glaube es war der Poptheoretiker Diedrich Diederichsen (Spex)) mit Blick auf Queen zumindest sinngemäß einmal treffend angemerkt hatte: "Gibt es etwas faschistischeres als auf einem Konzert für hungernde Kinder 'We are the champions, no time for losers' zu singen?" (sollte ich das erfunden haben, beantrage ich ab sofort Copyright auf diesen klugen Satz!). Auch der seit 1984 immer wieder neu (zuletzt 2014) mit unzähligen Popstars als Band Aid eingespielte Charity-Klassiker "Do They Know It's Christmas?" von Bob Geldof (Boomtown Rats) und Midge Ure (Ultravox) wimmelt von textlichen Unverschämtheiten ("Here's to you, raise a glass for everyone, here's to them underneath that burning sun"), kultureller Ignoranz ("Do they know it's Christmas?") und politischen Lügen ("Where nothing ever grows, no rain or rivers flow", "Feed the world"). Die anarchistische britische Punk-Pop-Band Chumbawamba hatte der radikalen Dekonstruktion der in solchen – in der subjektiven Intension von den Beteiligten und Spendenden sicherlich gut gemeinten – Hilfsprojekten stehenden, politisch aber fatalen Mythenbildungen einst ein ganzes Album mit dem bösen Titel "Pictures Of Starving Children Sell Records" (1987) gewidmet, welches dann konsequenterweise auch selbst ein solches auf dem Cover hatte, ansonsten aber von schlauen Analysen, reichhaltigen Informationen, sinnvollen Aufrufen und selbstkritischen Gedanken durchzogen war / ist. Es geht also, wie auch viele andere zurückliegende Beispiele der Pop-Geschichte zeigen (das wäre ein extra Thema), auch intelligenter als bei Band Aid, USA for Africa & Co.

Ein gelungenes Beispiel aus deutlich jüngerer Zeit für die Thematisierung der aktuellen Weltlage ist in meinen Augen das slowenische Projekt Laibach mit ihrer letzten Platte "Spectre" (2014), worüber ich letztes Jahr bereits ausführlich berichtet habe. Hier exemplarisch ein Live-Video von dem Song "Bossanova", in dem Laibach-Sänger Milan Fras die Sicht der Herrschenden verkörpert, als sei er selbst eine dieser tödlichen Figuren wie beispielsweise die vom Westen unterstützten Diktatoren General al-Sisi (Ägypten) und Präsident Erdogan (Türkei) oder der von Putins (nicht minder diktatorischem und korruptem) Russland unterstützte Präsident Assad (Syrien) höchstpersönlich:

"I want torture
Arms and corporations
No control, president or parliament
Feed my hunger with poverty
Feed my anger with children (...)
I’m having a good time (...)
Greet your victims with a smile"

... während Sängerin Mina Špiler die Betroffenen warnt und zur Flucht aufruft:

"Run for your lives
Blood is on the hook
Blood is on the hook!"

Der Unterschied zwischen dem Almosen-haften, Realitäten verzerrenden "Feed the world" (Band Aid) zur Benennung kapitalistischer Zusammenhänge ("Feed my hunger with poverty", Laibach) ist dabei ein Unterschied ums Ganze: Hunger, Kriege, Armut werden gemacht und sind kein Resultat schlechter klimatischer Bedingungen oder Wetterverhältnisse ("Where nothing ever grows, no rain or rivers flow", Band Aid).

Entsprechend sehen Laibach im Grunde auch nur zwei Auswege: Revolution ("Cut through the system’s rules / Less is more for the fucking fools / If you wanna take the prize / You got a world to fight / Go on ... You’ll need a sharp knife - Don’t wait!" wie es in "No History" vom selben Album heißt) - oder Flucht: "Run for your lives!"

Laibach - Bossanova (Spectre), live from Križanke, Ljubljana, 16.5.2014

Damit kommen wir den Realitäten jedenfalls schon deutlich näher.


Musik über Flüchtlinge

Darüber hinaus habe ich seit den Revolutionen in Tunesien und Ägypten 2011 und insbesondere seit ich mich irgendwann im letzten Jahr endgültig in den (Überlebens-) Kampf der Kurd*innen und deren Revolution in Rojava (Nord-Syrien) verstrickt habe damit begonnen, meinen Blick über die bekannte westliche Popmusik hinaus auszudehnen und auch anderswo nach musikalischen Beschreibungen der Welt zu suchen und dabei Neues zu entdecken.

Über das scheinbar nicht enden wollende Leid der Kurd*innen gibt es schon traditionell und bis heute viele Lieder, sowohl von direkt als auch von mittelbar Betroffenen (etwa Familienangehörige, Verwandte, Freund*innen, in alle Welt verstreute Migrant*innen im Exil etc.) und zwar aus allen Genres der Musik, von kurdischer 'Folklore' über Mainstream-Pop & R&B (etwa die von vielen gehasste, von mir geliebte irakisch-kurdische Sängerin Helly Luv, einst ein Flüchtlingskind, heute eine höchst stylische Diva, die ich Euch schon am Ende eines langen – im Netz aber sehr populären – Artikels von mir vorgestellt habe) bis zu deutschsprachigem HipHop. Beim Stöbern habe ich dann immer mehr gefunden, zumal Musik in den kurdischen Kulturen eine große Rolle spielt.

Besonders bewegt hat mich folgendes Video von Cüneyt Demir (der auch Regie geführt, die Musik und den Text geschrieben hat), in dem gleich 15 (mir zuvor unbekannte) Sänger und Sängerinnen gemeinsam ganz aktuelles kurdisches Leid, aber auch kurdische Hoffnungen besingen. Das Stück heißt "Mirina Sar (Rojava Şengal Kobanê)" ("Mirina Sar" könnte so etwas wie 'Kalter Tod' bedeuten, aber ich bin nicht sicher, denn es ist leider immernoch schwierig, ein brauchbares kurdisches Online-Wörterbuch zu finden. Auch Näheres zu den beteiligten Musiker*innen und Sänger*innen, dem Songtext und dem Video-Projekt war leider schwerlich herauszufinden).

Das Stück und die Bilder beschreiben das Leid der im Irak vor den dschihadistischen Schlächtern des IS ('Islamischer Staat' / besser abwertend: Daesh) ins Sindschar (kurdisch: Şingal oder Şengal)-Gebirge geflohenen Jesid*innen (eine religiöse kurdische Minderheit) und der monatelang von den gleichen IS-Mörderbanden in der nordsyrischen Stadt Kobanê (in der revolutionären, seit 2014 de facto autonomen kurdisch-multiethnischen Region Rojava) belagerten Kurd*innen, aber auch das Elend der Hundertausenden daraus resultierenden Flüchtlinge, die teils nur widerwillig von der angrenzenden Türkei über die Grenze gelassen wurden (siehe dazu auch den kurz zu sehenden imposanten Grenzdurchbruch in Minute 5:10 des Videos, Screenshot unten).

Hintergrund:
Bei der im Video immer wieder zu sehenden Massenflucht vor den IS-Dschihadisten durch das irakische Şengal-Gebirge drohte den vom IS eingekesselten Jesid*innen im Spätsommer 2014 der Hungertod. Sie konnten überhaupt nur durch das beherzte Eingreifen von Kämpfer*innen der syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG und ihrer Schwesterorganisation, der in den westlichen Ländern und der Türkei als 'terroristisch' verbotenen türkisch-kurdischen Arbeiterpartei PKK vor dem Völkermord durch die IS-Dschihadisten gerettet werden, in dem (mit Unterstützung der USA) ein Fluchtkorridor erkämpft wurde, der mindestens 35.000 (von insgesamt 50.000 eingekesselten) Jesid*innen die Flucht nach Syrien ermöglichte.

Die Dschihadisten-Belagerung von Kobanê (in Rojava / Nord-Syrien) war zum Zeitpunkt des Videos noch in ihren dunkelsten Stunden, die Stadt konnte erst Ende Januar 2015 (also erst deutlich nach Veröffentlichung des Videos) von vereinten kurdischen und verbündeten Kräften befreit werden. Im Video sehen wir unter anderem den (erst nach zähen Verhandlungen widerwillig genehmigten) durch die Türkei rollenden Fahrzeugkonvoi irakisch-kurdischer Peschmerga, die Ende Oktober 2014 zur Verstärkung und Unterstützung nach Kobanê kamen (ca. Minute 4:30 - 4:40), aber auch die von den Kurd*innen erbetenen, mit der YPG koordinierten und letztlich hilfreichen Luftangriffe der US-geführten Anti-IS-Koalition auf die damals von den Dschihadisten kontrollierten Teile der Stadt (u. a. zwischen Minute 2:50 und 3:25), die diese (zusammen mit den Dauerbombardierungen der Dschihadisten selbst) allerdings auch weitgehend in einen Trümmerhaufen verwandelt haben. Die im Film zu sehenden Opfer und Verletzten haben übrigens nichts mit den Luftangriffen zu tun, sondern gehen wie die im Şengal-Gebirge Hungernden auf das Konto der IS-Terroristen. Hunderttausende Kurd*innen aus allen Teilen des damals komplett von den Dschihadisten kontrollierten kurdischen Kantons Kobanê (seit Sommer diesen Jahres endlich weitgehend befreit) mussten zur angrenzenden türkischen Grenze fliehen (ebenfalls immer wieder im Bild), wo es durch Stacheldrahtzäune und Tränengaseinsätze des türkischen Militärs zu weiteren Verletzungen kam [über all diese traumatischen Ereignisse, aber auch über die hoffnungsvollen Ansätze, die sich nach der Befreiung in diesem Jahr in Kobanê und Rojava entwickelt haben, habe ich seit November 2014 ausführlich berichtet (unten findet sich eine Auswahl an Blogartikeln zu diesen Themen)].

Herbst 2014: Kurd*innen durchbrechen einen türkischen Grenzzaun
(noch beeindruckender in Bewegung, siehe Video ca. in Minute 5:10),
aus dem Musikvideo zu Cüneyt Demirs: Mirina Sar Rojava Şengal Kobanê (Nov. 2014)
Screenshot by STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin



CÜNEYT DEMİR
Mirina Sar (Rojava Şengal Kobanê)
(November 2014)

Gotîn û Mûzîk (Text & Musik / Words & Music): Cüneyt Demir
Yönetmen (Regisseur / Director): Cüneyt Demir
https://www.youtube.com/watch?v=da7OAYsYR2w

Auch dieses mich sehr berührende Video kann das reale Leid natürlich nicht wirklich wiedergeben, ich glaube, es will es auch gar nicht (sonst würde ich das Video hier übrigens gar nicht posten, weil der reale Krieg so brutal ist, dass ich mir die Bilder davon nicht ansehen kann und sie auch anderen nicht zumuten will, die nicht ausdrücklich ihr Einverständnis gegeben haben oder darauf bestehen). Ich glaube, es geht darum zu zeigen, dass andere Menschen – nicht nur in und aus Kurdistan – zutiefst mit den Betroffenen mitfühlen. Und das wird mehr als deutlich und damit sprechen die mir vollkommen unbekannten Sänger*innen auch für mich und mein seit mehr als einem Jahr zutiefst empfundendes Leid (nicht Mitleid, Leid!) und meine (oft hilflose) Solidarität. Abgesehen davon finde ich das Lied, die schöne Mischung aus traditionellen und modernen (E-Gitarre etc.) Elementen bestehende Musik, die empathischen Gesichter und beeindruckenden Stimmen der Sänger*innen und die zu hörende kurdische Sprache wunderschön. Es macht mir Mut. Was meint Ihr?


Musik für Flüchtlinge

"Speechless."
Popsimonova 2015

Crisis Music - An international digital compilation assembled to help the refugees in need
Flüchtlings-Soli-Sampler (online seit Montag, 5. Oktober 2015)


All the proceeds from downloads will go to
Happy.thankyou.moreplease / www.thankyoumoreplease.at
donate + download at
http://crisismusicmmxv.bandcamp.com/releases

Solche fast schon authentischen musikalischen und visuellen Beschreibungen machen klassische Formen der Solidaritätsarbeit aber keinesfalls überflüssig oder hinfällig. Im Gegenteil: ich finde es etwa höchst erfreulich, dass sich über den letzten Winter nicht unbedeutende Teile der Musik- und Clubszene (nicht nur in Berlin) zu einem Projekt wie "Nachtleben für Rojava" zusammen getan haben (Spenden und meine laufende Berichterstattung sind Teil des Beitrages vom STYLE! IT! TAKES! Projekt) oder auf Festivals wie der "Fusion" im Sommer an jeder Ecke Spenden für Rojava gesammelt wurden. Beides ging (und geht) ganz direkt an die Menschen vor Ort, ohne Bevormundung durch 'westliche' Hilfsorganisationen und im Sinne von praktischer, basisdemokratischer Solidarität im Sinne der Selbstbestimmung.

Die Zahl der Soli-Projekte für Refugees allein in Berlin könnte ich noch nicht einmal mehr zählen, geschweige denn aufzählen. Sogar die in solchen Dingen traditionell leider recht untätige schwarze Gothic-Szene scheint langsam aus dem jahrelangen Dornröschenschlaf aufgewacht zu sein. Bei der vom notorischen 'Nazi-Wellen-Gotik-Treffen' unabhängigen, großartigen "Gothic Pogo Party" an Pfingsten in Leipzig waren im Werk II die "Refugees Welcome"-Screenings nicht zu übersehen (vom entsprechend angenehmen Publikum abgesehen) und kürzlich veranstaltete die umtriebige Berliner DJ TerrorWave eine Refugee-Soliparty im SUBVERSIV e.V. (Mitte). Das ist großartig!

Ein weiterer musikalischer Beitrag zur Flüchtlingssolidarität aus dieser musikalischen Richtung kommt nun auch frisch aus Österreichs Underground eingeflogen. Besonders gefreut (wenn auch nicht überrascht) hat mich, dass meine Freundin, die kroatische Electro-Diva und Queen of Cold Electro, Popsimonova (bekannt aus diesem Blog und live auch von zwei unserer STYLE! IT! TAKES! Events) sich an dem Projekt beteiligt hat und es allen anderen Beteiligten voran auf für sie ungewöhnliche, aber passende und gewohnt stylische Art eröffnet: 'Sprachlos'. Schließlich gehört ihre markante Stimme sonst zu den Charakteristika ihrer düsteren-treibenden, elektronischen Musik. Mutig und einfach großartig!

Die vielfältige, offensichtlich sorgsam ausgewählte Musik möchte ich hier insgesamt trotzdem gar nicht im einzelnen besprechen, dazu ist die Compilation auch noch zu neu für mich und auch für mich gibt es da noch vieles zu entdecken. Hört sie Euch einfach selbst an (Player oben). Und vergesst bitte die beabsichtigte (wenn auch ggf. nur symbolische) Spende nicht, um die geht es ja schließlich! Das Geld geht dann an eine rührige kleine österreichische Initiative für Flüchtlinge in Traiskirchen bei Wien mit dem smarten Namen "happy. thank you. more please!!", was für uns nicht-österreichischen Spender*innen aber egal sein sollte, schließlich spielt es letztlich keine Rolle, wo Flüchtlinge ein neues zu Hause finden, sondern ob sie, dort wo sie 'gelandet' sind oder gar hinwollten, ein menschenwürdiges neues zu Hause finden, und darum bemüht sich diese Initiative wie so viele anderen auch. :-) Denn:

"It's the spirit that counts, isn't it?"
Punk / Hardcore-Sänger und Autor Lee Hollis
(Spermbirds / Walter Elf / Steakknife / Zap magazine etc.)

Ganz in diesem Sinne möchte ich Euch den kleinen Begleittext zum Traiskirchener Sampler nicht vorenthalten, der dazu aufruft, sich selbst zu informieren (meiner Meinung nach am besten vor Ort, im Gespräch mit den Betroffenen selbst), anstatt sich von manchmal manipulativen Medien informieren zu lassen, einen Schwerpunkt auf das kritische Bewusstsein legt und sich gleichzeitig konsequenterweise explizit gegen Verschwörungstheorien wendet. Der Text plädiert dafür zu akzeptieren, dass die Welt heute ein riesiges Durcheinander ist (ein "Ball of Confusion", was eine kundige popkulturelle Anspielung und Referenz der sympathischen Macher*innen ist, auf die ich ein anderes Mal noch einmal zurückkommen möchte *note to self*), aber letztlich alles gut gehen wird, wenn wir es nur versuchen und die Welt selbst gestalten. Wow!


EDUCATE YOURSELF ABOUT THE REFUGEE CRISIS!
STAY RATIONAL AND CONTRIBUTE FOR A NOBLE CAUSE.

Avoid the media sources that abuse and misuse information in order to cause mayhem. It may not be easy though, as there are traps to easily fall into by believing what's on the surface. Have an objective opinion, free of paranoia and unnecessary conspiracy theories.

Ball of confusion, that's what the world is today - and that's what the world will sadly be tomorrow.. and the day after.

But things have a habit of working out - as long as we try and make them.


Da kann ich auch nur noch in Richtung der Traiskirchener Aktivist*innen,
Crisis Music-Macher*innen und internationalen Künstler*innen winken und sagen:
yes! happy. thank you. more please!!

OUT NOW // Crisis Music // http://crisismusicmmxv.bandcamp.com


Musik von Flüchtlingen

"Let’s make some noise / When kingdoms fall / And dance to the rhythm / Of a devil’s call / We know what we want / We’ve been there before / When we get there again / We will stop no more"
Laibach - "Eat Liver!" (2014)


Willkommen, Khebez Dawle (Indie-Rock-Band aus Damascus, Syrien)!
https://soundcloud.com/khebezdawle
http://facebook.com/khebez.dawle

Und schließlich, wenn wir von Musik und Flüchtlingen sprechen: sie sind da, vor unserer Haustüre! Also raus mit uns vor eben diese, wir brauchen nichts als unsere Neugier (und vielleicht ein paar helfende Hände). Verletzte sind unter ihnen, Alte, Mütter, Kinder, Familien, junge Frauen und Männer, und ja, auch Musiker*innen. So wie die 2010 in Damascus gegründete syrische Rock-Band Khebez Dawle (übersetzt: Regierungsbrot oder Staatsbrot), die sich in diesem kurzen Video bei einem Live-Konzert in Zagreb (Kroatien) mit folgenden schlichten, entwaffnenden Worten vorstellt:

"Hello, Zagreb. We are five musicians, five Syrian musicians. We came from a beautiful country that is governed and controlled by war criminals."

Nachdem ihr Schlagzeuger getötet wurde, machten sie sich wie Tausende andere auch in einem Flüchtlingsboot in Richtung der berühmten griechischen Insel mit dem sympathischen Namen "Lesbos". Dort angekommen, erzählt der Sänger, haben sie die Badegäste damit überrascht, ihnen ihre CD's zu schenken:

"So it was surreal for us and for them [tourists on the beach] and we wanted to make it more surreal, so we whipped out these copies of the CDs from the bags and we started distributing the CDs on the beach."

Das sind nicht mehr die von westlichen Popstars zu 'fütternden' afrikanischen Babies, das sind Subjekte, die ein menschenwürdiges Leben wollen wie jeder andere Mensch auch. Lasst sie uns unterstützen und willkommen heißen!

Heute, nach längerer Zeit, freue ich mich mal wieder so richtig!

Danke an alle Beteiligten, Aktiven, Leser*innen!
xxx
Magenta


(*) Politisch waren im bisherigen, für mich irgendwie schönen Bloggerinnen-Jahr nicht nur meine ausführliche Berichterstattung zu Kurdistan in all seinen Facetten, sondern auch mehrere Artikel zu feministischen Themen im Frühjahr ( ♀♀) sowie zum 1. Mai. Auf Pegida und ähnlichen Dreck bin ich nur einmal im Februar eingegangen (mehr wird es für diese Volltrottel auch nimmermehr geben!), und das auch nur, weil Toyah Diebel ein so lustiges Video dazu gemacht hat und mir dazu noch was sinnvolles (im Nachhinein fast schon prophetisches) zum Refugee-Thema eingefallen war (und zur Fashion Week, zu Heiratsanträgen, Gästelisten und zu Herzpizzas für Toyah ^.^). Und ja, Fashion gab's auch, aber die muss ein bißchen (manchmal zwischen den anderen Posts, manchmal in den meist trotz alledem wie üblich hübschen Bildern, manchmal auch zwischen den Zeilen) gesucht werden (dafür umso glamouröser, siehe z. B. die den herrlichen Sommer vorwegnehmende Wassermelonen-Clutch, zauberhafte Hochzeitskleider, die wundervolle Vilorija-Sommerkollektion und allerlei mehr). Denn dann kam der Sommer! *come back!!!* Und mit ihm auch Blumen und die Musik! Die perfekt zu diesem wunderschönen Sommer passenden, fröhlich-ironischen 'Sommerhits' von Sonnenbrandt (in meinem Post zum Weißen See) haben das musikalische Eis gebrochen, und so habe ich im August das auch genderpolitisch spannende neue Video von Zarkoff und im September dann die ebenfalls immer wieder sehr politischen The Libertines 'vorgestellt' und damit die Fühler – für mich selbst höchst überraschend – wieder in Richtung Musik ausgestreckt. Puah. (und das ist noch keinesfalls ein Jahresrückblick, ich bin noch lange nicht fertig!) (^.^) Meooouwwww. ♥


Kleine Blog-Auswahl zu Rojava / Syrien / Kurdistan (inkl. Irak & Türkei):
Das Letzte Massaker der Dschihadisten (Juni 2015)
Befreiung & Wiederaufbau der Stadt Kobanê (Febr. 2015)
The Politics of the Future (deutsche Version) (Jan. 2015)
Hintergrundartikel zum kurdischen Kampf um Befreiung
[all Kurdistan / Syria / Iraq / Turkey related articles are completely translated by me into English]

Kleine Blog-Auswahl zum Thema Musik:
Time for Heroes! THE LIBERTINES @ Lollapalooza Festival (September 2015)
(deutsch w English lyrics & quotes)
ANITA performing a straitjacket by Schrüppe McIntosh to PATOKAI live (Juli 2014) (deutsch & English)
A new dawn with LAIBACH (April 2014) (deutsch, w English lyrics & quotes)
POPSIMONOVA conquers Europe (März 2014) (English)
Willkommen zurück, PUSSY RIOT! (Dezember 2013) (deutsch)
Re-Thinking PUNK! (Dezember 2013) (English)
Stylish records by POPSIMONOVA & ZARKOFF (Juli 2012) (deutsch, partly in English)
ANIKA: No One's There (Juni 2012) (deutsch & English)

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