Thursday, March 31, 2016

Erdo-wie, Erdo-wo, Erdo-wahn

Ausgerechnet an Weihnachten (!) 2015 ging eine Geschichte auch durch deutsche Medien (für meldungswürdig erachtet u. a. von der GEZ-finanzierten tagesschau mit 'Bildungsauftrag'), der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan (bzw. seine Sicherheitsleute, er selbst war nachweislich mit telefonieren beschäftigt!) habe einen Selbstmörder kurz vor seinem Sprung von einer Brücke in Istanbul 'gerettet'. Natürlich seien er und seine Wachleute gerade vom Freitagsgebet gekommen, es war also fast schon ein 'Wunder'. Geschichte, Zeitpunkt und Inszenierung waren derart unglaubwürdig und offenkundig Teil von Erdogans Propaganda-Maschine, dass die Berichterstattung darüber fast schon ein Skandal war. Hier eine glaubwürdigere Variante für einen solchen Fall, gezeichnet von dem brasilianischen Cartoonisten Carlos Latuff.
"Cartoon of the Day - Hero Erdogan Saves Man From Suicide! #Turkey"
Twitter @LatuffCartoons ca. Dec - 2 Jan 2016


Nachdem ich diesen Monat den eng miteinander verzahnten Themenkomplex Rassismus in Deutschland & der EU - EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei - (Widerstand gegen die) faschistische AKP-Regierung in der Türkei zumindest für meine deutschsprachigen Leser*innen von allen Seiten beleuchtet habe, kommt ein kleines, aber feines Video des NDR-Magazins "extra3" zum Stichwort #Erdogan wie bestellt, um diesen politischen Blog-Monat abzuschließen und abzurunden. Ich bin zwar ein bißchen sauer auf die Macher*innen, weil sie ausgerechnet eines meiner ewigen Lieblingslieder von Nena (das wunderschöne "Irgendwie, irgendwo, irgendwann") dafür zweckentfremdet haben, aber die punktgenaue Satire auf den türkischen Diktator Erdoğan ist so gelungen, dass ich zum Verzeihen gewillt bin. Vielleicht kann Nena zumindest den Airdoğan auf dem Rückflug aus den USA noch mit ihren "99 Luftballons" aus ihrem alten subtil-subversiven Anti-Kriegslied aufhalten?

Der Airdoğan weilt gerade auf einem ziemlich peinlichen Aufenthalt in den USA,
wo er sich gleich ebenfalls höchst unbeliebt machte
"@extra3 #Undnochmehrdogan Es muss nicht immer Photoshop sein"
via Twitter @jobjge 31 Mar 16


Das Video:
Erdowie, Erdowo, Erdowahn

Ob Ihr's schon gesehen habt oder nicht: es kann nie schaden, das Filmchen mehrmals gesehen zu haben und Ihr solltet es auf YouTube anschauen, damit die Zahl der Klicks auf für Erdoğan schwindelerregende Höhen steigt und er entweder einsieht, dass seine ewigen Zensurversuche nicht fruchten oder aber – auch gut – endlich einen Herzinfarkt bekommt:

https://www.youtube.com/watch?v=R2e2yHjc_mc&feature=youtu.be
Hier geht's zum Video auf YouTube (öffnet in neuem Tab / opens in new tab)
The video also contains English subtitles.
Screenshot & Beschriftung: STYLE! IT! TAKES! Blog Berlin

17. März 2016 Video von extra 3 gesendet & hochgeladen
30. März 2016 knapp 3 Millionen Klicks
1. April 2016 ca. 5 Millionen Klicks
2. April 2016 (15.11 h) 5.456.734 Klicks
4. April 2016 (23.25 h) 6.016.776 Klicks
13. April 2016 (22.33 h) 7.238.534 Klicks
29. April 2016 8.540.921 Klicks
31. Mai 2016 9.017.414 Klicks
Der Irrsinn geht weiter... (^.^) / to be continued... (^.^)

Um die Chancen zu erhöhen, dass es auch Menschen in der Türkei zu sehen bekommen, hinterlasse ich die türkisch-untertitelte Version aber doch auch mal hier im Blog – doppelt gemoppelt hält besser (leider ließ es sich nicht einfach downloaden und hier neu hochladen, falls YouTube in der Türkei komplett gesperrt wird wie zwischenzeitlich Twitter hole ich das nach):

Şarkı: Erdowie, Erdowo, Erdoğan (türkçe altyazılı) | extra 3 | NDR
İş basın özgürlüğüne ve insan haklarına gelince Türkiye cumhurbaşkanı oldukça yaratıcı davranışlar sergiliyor. Yani diplomatik bir tabirle söylemek gerekirse. Ama bu işler bizde farklı yürüyor. İşte İstanbul için şarkımız.

Hochgeladen am 29. März 2016, inzwischen auch schon bei
747.157 Klicks (2. April 2016, 15.59 h)
851.915 Klicks (4. April 2016, 23.28 h)
1.092.474 Klicks (28. April 2016)
1.126.585 Klicks (31. Mai 2016)

"Das erklärt natürlich die vielen Clicks für das Video! #WeHaveErdogan #WeLoveErdogan #Erdogan"
Twitter @extra3 - 31 März 16

Wegen des durchschlagenden Erfolges des Videos und Erdoğans täppischer Zusatzpromotion (siehe unten) wurde unser "Terrorist des Jahres 2015" nun auch noch zum "extra3 - Mitarbeiter des Monats" gekürt:

Mitarbeiter des Monats: Recep Tayyip Erdoğan
Twitter @extra3 (30 März 2016)


Es ist gar nicht lustig

Der 'Witz' an dem Video ist, dass es gar nicht lustig ist. Leider ist alles wahr und eher noch untertrieben. Alle Aufnahmen sind echt und spiegeln die grausame Realität in der Türkei nur andeutungsweise. Aber die wichtigsten Punkte sind benannt: offensichtliche Korruption, grausame Niederschlagung jeglicher Kritik, Proteste und Opposition, brutale Polizeigewalt und Gesinnungsjustiz, Frauenverachtung, Wahlbetrug, totalitäres Großmachtstreben, Krieg gegen die Kurd*innen, Unterstützung des IS (Daesh). Selbst der widerliche EU-Deal mit der Türkei wird thematisiert und kritisiert. Und so ist der Song durchaus geeignet, auf den kommenden Demonstrationen gegen die Politik der Türkei und der sie unterstützenden EU-Staaten gesungen zu werden:

Er lebt auf großem Fuß,
der Boss vom Bosporus,
[Nachrichtensprecher:
"Ein protziger Bau mit 1000 Zimmern, errichtet ohne Baugenehmigung in einem Naturschutzgebiet"]
Bei Pressefreiheit kriegt er'n Hals,
drum braucht er viele Schals
[Original-Stimme Erdoğan!]
Ein Journalist, der was verfasst,
das Erdoğan nicht passt,
ist morgen schon im Knast!
Redaktion wird dichtgemacht,
er denkt nicht lange nach
und fährt mit Tränengas und Wasserwerfern durch die Nacht!

Sei schön charmant,
denn er hat Dich in der Hand,
Erdowie, Erdowo, Erdowahn
Die Zeit ist reif,
für sein Großosmanisches Reich,
Erdowie, Erdowo, Erdowahn

Gleiche Rechte für die Frau'n,
die werden auch verhau'n
[Nachrichtensprecherin:
"Die Polizei in Istanbul hat eine Demonstration zum Weltfrauentag gewaltsam aufgelöst"]
Ist das Wahlergebnis schlecht,
das ruckelt er zurecht
[Stimme: "I like to move it! Move it!"]
Kurden hasst er wie die Pest,
die bombardiert er auch viel lieber als
die Glaubensbrüder drüben beim IS

Gib ihm Dein Geld,
er baut Dir ein Flüchtlingszelt,
Erdowie, Erdowo, Erdowahn
Sein Land ist reif,
für'n EU-Beitritt
er pfeift auf Demokratie
Tschü mit ü sagt Erdowahn.
Und er reitet in den Sonnenuntergang...


Türkische Verhältnisse

Erdoğans Vorstellung von 'TV on demand' #Erdogan
Twitter @extra3 - 29 März 2016

Und was macht Erdoğan? Er versucht, was er immer macht: seine Kritiker*innen zu zensieren. Zu Hause werden Jugendliche aufgrund irgendwelcher Kommentare im Internet wegen "Präsidentenbeleidigung" inhaftiert, ganze Zeitungen dichtgemacht oder 'konfisziert' und Journalist*innen einfach verprügelt, verhaftet und als "Mitglied einer terroristischen Vereinigung" mit bis zu 30 Jahren Haft bedroht. In Deutschland ist das nicht ganz so einfach, also bestellte das türkische Außenministerium den deutschen Botschafter Martin Erdmann ein (!!!) und beschwerte sich gleich zweimal über das Video, verbunden mit der Forderung, die Veröffentlichung der Sendung »extra 3« zu stoppen bzw. das Video 'zu löschen'. Das ist natürlich kompletter Quatsch, aber es zeigt abermals die Dreistigkeit und Dummheit von Erdoğan. Er macht sich global zum Gespött.

"Alman karikatürist Marian Kamensky'nin Tayyip Erdoğan için çizdiği özel karikatür... #ErdoWahn"
tweetet @ucan__kurbaga am 29 März 2016

Allerdings irrt extra3, auf die Illuminaten zu verweisen. Schuld sind in der Türkei nicht die Illuminaten, schuld ist immer die PKK. Zum Beispiel an einem schweren Fahrradunfall Erdoğans:

#AKP Turks most of the time...
Twitter @prophetess_ Jan 16

Aber irgendetwas bleibt ja immer hängen, also hat sich ein Karikaturist zu einer zum extra3-Beitrag passenden Entschuldigung durchgerungen:

Karikatur von H&B (via tumblr)


#Undnochmehrdoğan

Wir werden auf dem Wege der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sicherlich noch lernen, wie eine moderne und zeitgemäße Auslegung von "Meinungs- und Pressefreiheit" im Sinne der türkischen AKP auszusehen hat (die Türkei liegt auf der Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 149 von 180 Staaten...). Erdoğan wird's uns schon noch zeigen:

Der Lehrdoğan
von Twitter @jobjge 31 Mar 16

Immerhin hat er schon die Kreativität von Tausenden im Netz beflügelt, so dass es jetzt nochvielmehrdoğan gibt (^.^):

Besonders umtriebig war "Snickers für Linkshänder" (I)
via Twitter @extra3 (30 März 16)

"Snickers für Linkshänder" (II)
via Twitter @extra3 (30 März 16)

Aber kaum zu glauben, es gibt auch einen...

Idon'tcaredoğan
Made by Twitter @auntyeco 30 Mar 16

Allerdings unwahrscheinlich, zumindest wenn es um Humor, Satire und gegen ihn gerichtete Kritik geht. Wahrscheinlich war der Idon'tcaredoğan einfach betrunken:

"Mr Islamic Umma leader Erdoğan's logo got inspired from alcoholic beverage Malibu.
#MakeFunOfErdogan"
via Twitter @KurdeBotan 30 Mar 16


Grenzen dicht für Beschwerdoğan

War in den USA nicht sonderlich gerne gesehen: Beschwerdoğan :-)
"RTE'nin ABD gezisi tatsız başladı... #REZAlet #PotusDontMeetwithTurkishDictator #ErdoganBeleidigungswochen (RTE begann die unangenehme US-Reise)"
Twitter @ucan__kurbaga 29 Mar 2016


"When then-Prime Minister Recep Tayyip Erdogan last visited Washington in 2013, he received the full “valued ally” treatment, including an appearance with President Obama in the White House Rose Garden.

Not this time. Now president, Erdogan will instead meet with Vice President Biden this week, which is the diplomatic equivalent of a handshake after a romantic date."

Quote from
Jonathan Schanzer: Turkey Has Been Reckless, Repressive and Unreliable
on the New York Times' question "Does Turkey Still Belong in NATO?"
(Jonathan Schanzer, a former terrorism finance analyst at the U.S. Department of the Treasury,
now vice president for research at the Foundation for Defense of Democracies).

#WashingtonDC
via Twitter @nighttides 29 Mar 16


Und Schluss!

Eines Tages wird er seinen Rücktritt 'unterzeichnen' müssen. Ob freiwillig oder unfreiwillig, wird die Zukunft zeigen. Seine Unterschrift zeigt jedenfalls nach einem starken Aufstieg einen schnellen Niedergang (ich hoffe, den haben wir nach seinen letzten schlechten Wahlergebnissen schon überstanden) inklusive Rückwärtsgang (den haben wir definitiv!), einige 'Turbulenzen' (vermutlich die schreckliche Phase, in der wir uns im Moment befinden) und schließlich einen Absturz ins Bodenlose an...

#Erdoganmustgo

Und wie singt Nena so schön im Original: "Ich warte nicht mehr lang!"

Und Tschü!


Zum Thema:

Zur Situation in der Türkei:
#TurkeysWarOnKurds (Jan 2016)

Unsere Preisverleihungen 2015 (Erdoğan wurde "Terrorist des Jahres"):
Photo des Jahres 2015 ...und andere Auszeichnungen (Jan 2016, dort auch weitere Links)

Widerstand gegen den Staatsterror der Türkei:
Global resistance against Turkey's state terror (März 2016)
Demos gegen den Staatsterror der Türkei (Jan 2016)

Zur abscheulichen Unterstützung der Türkei seitens Deutschlands und der EU:
Merkel & die EU zwischen AfD und AKP (März 2016, enthält weitere Karikaturen)

Thursday, March 24, 2016

Merkel & die EU zwischen AfD und AKP

Die Türkei als gut bezahlter rassistischer Wachhund der EU
Karikatur von Thomas Wizany (via Twitter @dilkocer 30 Nov 2015)

Solange Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Einreise von Hunderttausenden vor Krieg, Armut, Unterdrückung und Terror fliehenden Schutzsuchenden die Fahne des "Wir schaffen das" hochgehalten hat, hatte sie bekanntlich ausnahmsweise meine Zustimmung, obwohl ich noch nie im Traum darauf gekommen bin, sie oder gar ihre Partei, die CDU, zu wählen (gleiches gilt übrigens für die in den meisten Themenfeldern ohnehin inhaltlich identische SPD). Immerhin hatte sie meinen Respekt, und unsere bis dahin eingereisten neuen Mitbürger*innen, die sich unter extremen Anstrengungen und Gefahren von den Fluchtländern über die 'Balkanroute' bis zu uns durchgeschlagen hatten, werden es ihr gedankt haben.

Doch dann hat sie sich auf europäischer Ebene von dem Druck anderer EU-Staaten (darunter restlos unverschämter Regierungen wie denen von Österreich oder Ungarn) und auf nationaler Ebene von dem immer lauter werdenden Geschrei eines rassistischen Mobs, den sich häufenden Wahlerfolgen der 'AfD', der zunehmenden medialen Hetze gegen Einwanderung (siehe zu diesem Themenfeld meinen Vorgängerpost "Alle faschistischen Deutschen (AfD)..."), dem Dauerfeuer der CSU und vielleicht auch dem Gestöne einiger Kommunen davon abbringen lassen – beschämenderweise, ohne das auch zuzugeben. Eigentlich hätte sie daraufhin zurücktreten sollen, und zwar mit den Worten: "Wir hätten das schaffen können, aber zu viele in diesem Land und auch in der EU wollen es garnicht schaffen. Ich möchte diese Mitbürger*innen und diese EU nicht länger vertreten". Dann hätte sie wirklich Rückgrat bewiesen.

Stattdessen versprach sie EU und empathielosen 'Wutbürgern', die Flüchtlingszahlen zu senken, wofür es nur zwei Möglichkeiten gibt: entweder die Fluchtgründe durch Hilfe zu reduzieren (stattdessen kürzten die EU und Deutschland die Hilfsgelder, vor allem für das Welternährungsprogramm in Syrien!), oder, das ist die jetzt gewählte Variante, Menschen mehr oder weniger gewaltsam an einer Flucht zu hindern. Und ihr fiel nichts armseligeres ein, letzteres ausgerechnet mit der Türkei 'zu schaffen'. Damit hat sie jeglichen Respekt bei mir (und nicht nur bei mir) verloren. Sie hat sich erst AfD & Co. gebeugt, und – davon ausgehend – darauf der türkischen AKP-Diktatur von Präsident Erdoğan und Ministerpräsident Davutoğlu. Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, in dem die politische Entwicklung in der Türkei offen in Richtung Faschismus driftet. "Erbarmungswürdig", wie Finanzminister Schäuble einmal einen rechtspopulistischen Vorschlag von SPD-Chef Gabriel genannt hat.

Wie eine Bettlerin zu Besuch beim Sultan:
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP) in seinem Palast in Istanbul bei Vorbesprechungen des nun beschlossenen EU-Türkei-Deals (Oktober 2015).
Das Photo ist selbst schon wie eine Karikatur, ein böser 'Reality Cartoon'.
Photo pa-AA (via welt.de)

Am 18. März 2016 hat Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel nun 'geschafft', was sie monatelang 'versprochen' hatte: die CDU/CSU/SPD-Regierung von Bundeskanzlerin Merkel hat die EU dazu gebracht, einem hahnebüchenden und in seinen Konsequenzen schlicht abscheulichen 'Flüchtlingsdeal' mit der staatsterroristischen AKP-Regierung der Türkei zuzustimmen, einem Land, dem Merkel bis vor kurzem noch zu Recht mehr als distanziert gegenüber stand. Mit diesem Bündnis ist die angeblich so menschenrechtliche Position Deutschlands Makulatur und Merkel macht ihrem Ruf als "Heuchlerin des Jahres 2015" (siehe unsere 'Preisverleihungen 2015') alle Ehre.

Manche Dinge lassen sich am besten mit Hilfe von politischen Karikaturen und Montagen auf den Punkt bringen. Die Eröffnungskarikatur zeigt schon, worum es im Grunde geht: die EU stellt ausgerechnet die menschenrechtsverletzende Türkei als rassistischen Wachhund an ihren Außengrenzen an und bezahlt und belohnt sie dafür mit Milliardenbeträgen. Doch der hässliche 'Flüchtlingsdeal' hat viele Facetten:


Abschottung Europas mit Hilfe der Türkei

Merkel (CDU): "Präsident Erdoğan, wir würden uns wirklich freuen, wenn sie den Druck hierauf ein bißchen für uns erhöhen könnten."
Erdoğan (AKP): "Ich denke, ich schaffe das... ich hab' schon geübt"
Karikatur von Kal (via Twitter @kurduene 12 März 2016)

Wie oben dargestellt verlagert die EU den 'Schutz' ihrer Außengrenzen in Richtung Türkei. An der türkisch-syrischen Grenze baut die Türkei bereits eine Mauer (!, siehe Photo weiter unten) und über das Meer Flüchtende sollen nun sofort wieder zurück in die Türkei geschoben werden. Leidtragende dieses Deals sind zunächst also vor allem die Flüchtlinge, die so verzweifelt sind, dass sie sich auf den lebensgefährlichen Seeweg in Richtung Griechenland begeben. Sie sollen direkt wieder abgeschoben werden und keinen Asylantrag in der EU mehr stellen dürfen. Diese widerliche Regelung wird offiziell als 'Kampf gegen kriminelle Schlepper' verkauft und als "Rückführungsabkommen" bezeichnet. Merkel und die EU überlassen die Flüchtlinge einer türkischen Staatsführung, die schon lange keine Menschenrechte mehr kennt.

Problematisch an der Karikatur, die den Fokus durchaus zu Recht auf die Unterdrückung von Meinungsfreiheit und Opposition in der Türkei legt, ist, dass der falsche Eindruck einer Europa überrennenden 'Flüchtlingsflut' entstehen könnte. Schauen wir uns die Realität an.
Die Aufnahmezahlen von Flüchtlingen der EU und Libanons im Vergleich:

Die gesamte EU hat in etwa so viele Flüchtlinge aufgenommen wie der kleine Libanon,
dabei hat sie etwa die 100-fache Einwohner*innenzahl!
(die Zahlen sind nicht mehr ganz aktuell, aber das Verhältnis ist immer noch ähnlich).
Es gibt eine Reihe von EU-Staaten, die überhaupt keine oder fast keine Flüchtlinge aufgenommen haben.
Originaltitel: "#RefugeeCrisis- this one really says it all....."
(via Twitter @arabthomness 16 Feb 2016)

Die neue Mauer entlang der türkisch-syrischen Grenze:
"So sieht sie aus- die neue Einmauerung eines Kriegsgebietes (Syrien) auf Geheiß der Europäischen Union."
Photo & Zitat: Zentrum für politische Schönheit via Twitter @politicalbeauty 3 Feb 16


Umsiedlung & Selektion


A great gif about the 'refugee deal' (via Twitter Gilgo@agirecudi)

Besonders perfide an dem Deal ist, dass es neben der verstärkten Abschottung ganz besonders um eine Selektion der Flüchtlinge geht, wie die obige Gif-Animation wunderbar verdeutlicht. Für jeden von der EU abgewiesenen Flüchtling (das betrifft vor allem das türkische Nachbarland Griechenland, das üblicherweise als erstes EU-Land betreten wird), der in die Türkei zurück-, d. h. abgeschoben wird, nimmt die EU einen in der Türkei befindlichen Flüchtling aus Syrien 'ab'. Vordergründig führt das also nicht zu einer Reduzierung, sondern zu einem Austausch von Flüchtlingen nach dem Prinzip 1:1. Das ist schon widerlich genug, da es Flüchtlinge aus Syrien gegen die aus anderen Fluchtländern (etwa dem Irak oder aus Afghanistan) ausspielt. Aber es trifft noch nicht die Realität.

Das im 1:1-Verfahren vereinbarte Kontingent von 72.000 syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen, die Aufnahme in die EU finden sollen, dürfte schnell erschöpft sein. Nach der Abriegelung der 'Balkanroute' befinden sich bereits jetzt ca. 50.000 Flüchtlinge in Griechenland, viele von ihnen aus Syrien. Danach dürfte es schwer werden, in die EU zu kommen: die Türkei hat sich eingemauert, der Seeweg in die EU wurde für illegal erklärt und mehr und mehr Staaten werden als 'sichere Herkunftsländer' deklariert. Perspektivisch wird versucht, über die im Deal vereinbarten Mittel die Zahl der in die EU Flüchtenden gegen Null zu bringen. Für flüchtende Menschen brechen harte Zeiten an.

Mehr als zehntausend Menschen leben seit Wochen unter katastrophalen Bedingungen im Flüchtlingslager in der Nähe des griechischen Dorfes Idomeni an der geschlossenen Grenze zu Mazedonien. Diese Flüchtlinge haben die Geduld verloren und versuchten (leider vergeblich) die mazedonische Grenze zu überwinden.
#MarchOfHope
Photo: AFP (via tagesschau)

Konsequenzen für Flüchtlinge, Deutschland und die EU:

* Die EU-Außengrenze ist wieder 'dicht' (dabei wurde von der Bundesregierung immer behauptet, schutzsuchende Menschen nicht abweisen zu wollen). Der gemeinsame 'Schengen-Raum' für die privilegierten EU-Bürger*innen kann perspektivisch wieder errichtet werden, die Schlagbäume befinden sich an den EU-Außengrenzen und im Mittelmeer.

* EU-Staat Griechenland und die Türkei als 'Außenposten' spielen gemeinsam die Grenzwächter für Süd-, Mittel-, West-, Ost- und Nordeuropa.

* Damit liegt der 'Schutz' der EU-Außengrenze nicht mehr allein in den Händen der EU, sondern auch - mit allen menschenrechtsverletzenden Implikationen - in den Händen eines Nicht-EU-Staates, der Türkei. Das ist auch eine Abschiebung von Verantwortung.

* Flüchtende aus Staaten, die zu 'sicheren Herkunftsländern' erklärt wurden (etwa die Magreb-Staaten Marokko, Tunesien und Algerien, aber auch die unter schwersten Menschenrechtsverletzungen leidende Türkei (!)), können schon an der EU-Außengrenze zurück in die Türkei abgeschoben werden.

* Alle Flüchtlinge, die es auf anderen verschlungenen Wegen in die EU geschafft haben, können mit Verweis auf die Nicht-Einhaltung des offiziellen Griechenland/Türkei-Prozederes wieder zurückgeschoben werden.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu (AKP) kann sich nach dem EU-Türkei-Gipfel ins Fäustchen lachen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD, im Bild ganz links) wird das Lachen noch vergehen.
Photo via tagesschau 7 März 2016

Was hat die Türkei davon:

* Sie bekommt allerlei Belohnungen, von mindestens 6 Milliarden Euro Finanzhilfe (3 Mrd. jetzt, 3 Mrd. als "Anschlussfinanzierung 2018"; offiziell für die Versorgung der Flüchtlinge, aber wir kennen den korruptionsgeplagten Staat der AKP), Visaerleichterungen für türkische Bürger*innen bei der Einreise in die EU (konkret: Aufhebung des Visazwangs bis Ende Juni; eine sehr populäre Maßnahme, die der angeschlagenen AKP-Diktatur in der Türkei neue Zustimmung verschaffen wird) sowie die Aussicht auf einen Beitritt zur EU (weitere, beschleunigte Beitrittsverhandlungen; auch das eine neue Akzeptanzbeschaffungsmaßnahme für die AKP).

* Die Türkei kann sich nach und nach eines (zumindest kleineren) Teils der etwa 2,7 Millionen in ihrem Land befindlichen syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge 'entledigen'. Die EU überlegt, über das im 1:1-Verfahren 'abgenommene' kleine Kontingent hinaus ein weiteres Kontingent abzunehmen.

* Kein Hahn wird nach dem Schicksal der von der Türkei im Ausgleich aufgenommenen, von der EU abgewiesenen Flüchtlinge krähen. Sprich: die von der Türkei 'zurückgenommenen' Schutzsuchenden aus dem Magreb, aus Afghanistan oder dem Irak werden vermutlich nach und nach bei erstbester Gelegenheit des Landes verwiesen - niemand wird sich dafür interessieren.
[Hinweis vom 2. April 2016: Meine These wird leider schon kurz nach dem Niederschreiben bestätigt, denn bereits jetzt, wenige Tage vor dem offiziellen Inkrafttreten des 'Flüchtlingsdeals', mehren sich Berichte, dass die Türkei widerrechtlich Flüchtlinge nach Afghanistan und sogar nach Syrien abschiebt.]

* Das heißt zusammengefasst, dass die Türkei mit diesem Deal die Option erhält, selbst die Zahl der von ihr aufgenommenen Flüchtlinge signifikant zu reduzieren und sich das auch noch kräftig belohnen lässt.

Buchstäblich auf dem Rücken der Flüchtlinge wird der Türkei der Weg in die EU geebnet...
Karikatur von Neuigkeiten.aus.Kurdistan. (Facebook)
via Twitter @XesoKurd Febr 2016


Gewinner:
AfD & AKP

Verordnete Maulsperre bei Menschenrechtsverletzungen der Türkei
Montage via Twitter @CiwanenAzadBoh

Dieser abscheuliche 'Deal' geht einher mit einem Stillschweigen über die täglichen Menschenrechtsverletzungen, Verhaftungen und Ermordungen von Oppositionellen, gewählten Politiker*innen, Journalist*innen, Akademiker*innen und anderen Zivilist*innen (darunter viele Kinder, Frauen und Alte) in der Türkei. Mittlerweile verschweigt etwa die CDU auch garnicht mehr, dass sie die Frage der Menschenrechte dem Pakt mit der Türkei unterordnet und als nachrangig betrachtet, wie wiederholt deutlich gemacht wurde, etwa als Reaktion auf Bemühungen des Grünen-Politikers Cem Özdemir, der versucht hatte, diese Fragen zu thematisieren. Damit ist den deutschen (und europäischen) Rechten und den Interessen der türkischen AKP-Regierung gleichermaßen gedient – ein wahrhaft teuflischer Pakt zugunsten faschistischer Tendenzen.

Europa kniet vor dem Faschisten Erdoğan.
Umso wichtiger wird jetzt ein breiter Tourismus- und Warenboykott gegen die Türkei.
"Europe must stop funding terrorist Erdogan & #BoycottTurkey"
Photo & original text via Twitter @cahitstorm 9 Feb 2016


Verlierer:
Die Flüchtlinge, die Kurd*innen und die Opposition in der Türkei

Pure Verzweiflung: Zwei Flüchtlinge helfen einer erschöpften Frau bei der Durchquerung eines Flusses in der Nähe des griechischen Dorfes Idomeni in Richtung der geschlossenen EU-Grenze zu Mazedonien. Dort angekommen, werden Flüchtlinge wieder zurückgeschickt! So sieht sie aus, die Menschenrechtslage in der EU.
#MarchOfHope
Photo: AP (via tagesschau)

Merkel: "If you keep away further refugees, then I will oversee that you are trailing a dead Kurd."
Erdoğan: "Which dead Kurd?"
Merkel: "Exactly, which dead Kurd?"
Montage: KayaCahit (Facebook) via Twitter @xortekurmanj

Über die brutalen Menschenrechtsverletzungen in der staatsterroristischen, faschistischen Türkei wird nicht nur hinweggesehen, die AKP-Diktatur wird sogar 'weißgewaschen' und politisch aufgewertet.
Karikatur von Kaya Mar, via Twitter @Tari69Roni


Was tun? Was tun!

Flüchtlinge und Unterstützer*innen bei der Flussdurchquerung an der gesperrten griechisch-mazedonischen Grenze.
#MarchOfHope
Photo: AFP (via tagesschau)

Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei, der nun als Erfolg verkauft werden soll, bedeutet in der Realität also, dass die Bundesregierung und die EU sich endgültig von der Einhaltung grundlegender Menschenrechte verabschiedet und sich politisch irgendwo zwischen rassistischer AfD und islamofaschistischer AKP positioniert haben. Alle, denen Menschenrechte, Demokratie und Selbstbestimmung irgendetwas bedeuten, sind wie gewohnt auf die eigenen Initiativen zurückgeworfen. Flüchtlingsunterstützer*innen, Human Rights Aktivist*innen, Antira- und Antifa-Gruppen, die kurdische Bewegung und ihre Unterstützer*innen - sie alle haben gemeinsam einen abscheulichen Knoten zu zerschlagen: das Ineinandergreifen von innereuropäischem Rassismus, Abschottung der 'EU-Festung Europa' und AKP-Diktatur in der Türkei.

Rücktritt der Bundesregierung Merkel (CDU/CSU & SPD)!

Flüchtlinge unterstützen gegen die Festung Europa! Refugees Welcome!

Boykottiert Waren aus der Türkei! Kein Urlaub in der Türkei! Nieder mit der AKP!



Dies ist der Nachfolgeartikel zum Post "Alle faschistischen Deutschen (AfD)...", der vor allem die Situation in Deutschland thematisiert.

Weitere Posts zum Themenfeld:
Pop & Elend (Okt 2015)
#TurkeysWarOnKurds (Jan 2016)

Sunday, March 20, 2016

Alle faschistischen Deutschen (AfD)…

"So sieht sie aus- die neue Einmauerung eines Kriegsgebietes (Syrien) auf Geheiß der Europäischen Union."
AfD-Wähler*innen wollen mehr davon.
Photo & Zitat: Zentrum für politische Schönheit via Twitter @politicalbeauty 3 Feb 16


Alle faschistischen Deutschen...

... haben bei den Landtagswahlen am letzten Sonntag – gänzlich ungehindert von "Lügenpresse" und "Volksverrätern", von Polizei oder Wahlbetrug – in aller Ruhe ‚ihre Partei’, die AfD, wählen können. Jetzt kennen wir also das rechte, rassistische, restlos empathielose, hemmunglos inhumane, menschenverachtende, erzkonservative, neoliberal-großkapitalistische, Arbeiter*innen- & Arbeitslosen-feindliche, Frauen- & LGBTQ-feindliche, völkisch-faschistische Potential in Deutschland.

Vermutlich verstecken sich immer noch überdurchschnittlich viele in den Reihen der Nichtwähler*innen, so dass wir nach den Wahlen in diesen drei exemplarischen Bundesländern sicherheitshalber von bis zu 15 % im Westen und bis zu 30 % im Osten ausgehen sollten (wobei ich in einigen Bundesländern, etwa den Stadtstaaten oder Bayern, von etwas niedrigeren, in anderen, etwa Nordrhein-Westfalen oder Sachsen, von potentiell höheren Ergebnissen als in den westlichen bzw. östlichen Referenzländern dieser Wahlen ausgehe). Das wäre etwa jede/r Sechste im Westen bzw. jede/r Dritte in Ostdeutschland (wobei der Frauenanteil erfahrungsgemäß weit unter dem Anteil der männlichen Wähler liegt)! Das ist eine Menge.

Ich überlasse es Politikwissenschaftler*innen, ob sie die AfD nun als „wirtschaftsliberal“, „antifeministisch“, „ultrakonservativ-christlich“, „rechtspopulistisch“, „nationalkonservativ“, „nationalistisch“, „völkisch“ oder „rechtsextrem“ einordnen und welcher Person und / oder Parteiströmung sie jeweils welche Ideologie zuordnen. Aber letztlich spielt die Partei selbst gar nicht die entscheidende Rolle (was tatsächlich einen wesentlichen Unterschied zu allen anderen Parteien darstellt). Denn vermutlich haben ohnehin die wenigsten ihrer Wähler*innen ihr ziemlich ‚diffuses’ (in meinen Augen: hanebüchendes) Parteiprogramm gelesen – ganz abgesehen davon, dass sich die AfD-Repräsentant*innen permanent von den diesbezüglichen Aussagen, denen ihrer Kolleg*innen, ja selbst von ihren eigenen Aussagen distanzieren, oder eben aus Versehen auf der „Computermaus abgerutscht“ (Beatrix von Storch, Parteivize und AfD-Landesvorsitzende Berlin) sind.

Es spielt alles keine Rolle, denn niemand hat sie wegen oder trotz all dem gewählt:
Alle faschistischen Deutschen haben sie auf Grundlage ihrer tiefliegenden Ressentiments gegen alles ‚Fremde’ und ‚Andersartige’ gewählt und aus Angst, dass ihnen ein aus Not und Elend Geflüchteter etwas vom meist gut geschmierten Butterbrot nehmen, ein Schwuler Lehrer ihrer Tochter werden oder eine Kurdin ihre neue Chefin statt ihre Niedriglohn-Putzfrau werden könnte. Punkt. Aus. Ohne Komma. Niemand kann mir etwas anderes erzählen.

Das sind keine „Protestwähler“, das sind – und zwar alle – mindestens Rassisten und Rassistinnen. Ausnahmslos, und „Protestwähler“ ist ein Unwort, war es immer schon und ist hiermit von mir zum Unwort des jungen Jahres 2016 gekürt. Es gibt keine Protestwähler, nur volljährige, nicht-entmündigte Wähler*innen, die Entscheidungen treffen und (glücklicherweise) unbeeinflusst von jeglicher Repression zu einer freien, friedlichen und demokratischen Wahl in Deutschland gehen. Währenddessen werden Brandsätze auf Flüchtlingsheime geworfen oder Kinder von Migrant*innen von Rassisten in der Berliner S-Bahn angepinkelt. Und alle wissen das, alle haben das in der Zeitung gelesen und jede/r Dritte bis Sechste wählt danach die AfD. Trotzdem oder deswegen. Und anschließend dürfen sie ohne jegliche Repression ‚friedlich und demokratisch’ in die Parlamente einziehen und bekommen jetzt Millionen vom Staat als Belohnung.
Das ist die Realität, alles andere ist ‚Lügenprogaganda’ von faschistisch-tickenden Deutschen.

"Denk ich an Deutschland in der Nacht...

"Eine Gemeinde in #Bayern. Deutsche Vernichtungsfantasien als Gag beim #Karneval. Es ist unfassbar,
was hier abgeht"
Photo & Text via Twitter @robert_fietzke 7 Feb 2016


Eiertänze

Entsetzt? Nicht jetzt, nicht nach dem unglaublichen medialen und publizistischen Erfolg des Rassen- und Selektionswahns von Immer-noch-SPD-Mitglied Thilo Sarrazin, nicht nach meinen Erlebnissen in einem herbstlichen baden-württembergischen Moor, nicht nach Nazi-Aufmärschen selbst in meinem Berliner Kiez, nicht nach all den zahllosen widerlichen rassistischen Ausbrüchen und Gewaltexzessen der letzten Jahre. Es ist schlicht keine Überraschung. Nicht nur, dass die Wahlprognosen mittlerweile den Wahlergebnissen so nahe kommen, dass diese ohnehin nur noch selten wirkliche Überraschungen bieten. Das rechte Potential dieses Volkes wurde ja auch in zahlreichen Studien untersucht – mit ähnlichen Ergebnissen.

Wenn mich etwas geschockt hat, waren es die Eiertänze, die die ‚bürgerliche Gesellschaft’ und die meisten ihrer Politiker*innen und medialen Vertreter*innen in den letzten Monaten aufgeführt haben, wenn es darum ging, allen rassistischen und / oder faschistischen Deutschen von AfD, ‚Pegida’ & Konsorten klar und deutlich entgegen zu treten. Nun ja, SPD-Parteichef Sigmar Gabriel wollte ja schon früh gerne mit ihnen diskutieren, die CSU hat sich längst als ‚Alternative für Deutschland’ zurechtgemacht, im tiefbraunen Sachsen sieht man traditionell kein rechtes Problem und weder Volksverhetzung noch Brandstiftung und Mordversuche werden in adäquater Weise von Polizei, Justiz und Politik geahndet oder gar von staatlich beauftragten / finanzierten Kräften durchgeführt und / oder vertuscht (wir kennen das schon vom ‚NSU-Komplex’, siehe hierzu einen lesenswerten Artikel in der auch sonst empfehlenswerten Zeitschrift wildcat).

Selbst die sonst so regierungsfreundlichen staatsnahen Medien (etwa die ARD und die tagesschau) wie auch Teile der angeblich kritischen, linksliberalen oder 'alternativen' Presse hacken seit Monaten auf Kanzlerin Merkel und ihrem vollkommen richtigen "Wir schaffen das" herum (wenn sie das mal beim Thema ihrer skandalösen Türkei-Deals und ihrem beredten Schweigen über die brutalen Menschenrechtsverletzungen dort machen würden, wäre ich zufrieden!) und scheinen mit ihrem 'Dauerbeschuss' regelrecht bemüht, einen ‚Kurswechsel’ im Sinne der AfD heraufzubeschwören oder herbeizuschreiben – als wollten sie das "Lügenpresse"-Geschrei der Faschisten durch Appeasement zum Verstummen bringen.

Während uns diese Medien anscheinend daran gewöhnen wollen, Faschisten als Dauergäste in ihre Talkshows einzuladen, zeigt sich, dass sie selbst keinesfalls auf eine sich bürgerlich gebende ‚Neue Rechte’ eingestellt sind und mit rechtsextremem Gedankengut nicht umzugehen wissen, wenn es nicht das Klischee des ‚Nazis mit der Baseballkeule’ bedient, sondern in biedermeier-förmiger 'Verpackung' dargereicht wird.

Insofern bin ich nicht im Geringsten überrascht.

"... bin ich um den Schlaf gebracht"
(Heinrich Heine)

"Rosenmontag in Altenberg-Erzgebirge - Dunkeldeutschland"
Photo & Text via Twitter @AntikSammlerin 8 Feb 16


Wie bunt, wie braun wird Deutschland?

Im Westen ist der angerichtete Schaden noch relativ gering. Die AfD-Erfolge führen entweder zu neuen Ampelbündnissen oder es entstehen weitere große Koalitionen (wobei in Ba-Wü die Grünen mit über 30 % als Wahlsieger zur neuen ‚Volkspartei’ aufgestiegen sind). Die bisherigen grün-roten bzw. rot-grünen Bündnisse in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben zwar ihre Mehrheiten verloren, aber ihre stärkeren Parts (Grüne in Baden-Württemberg, SPD in Rheinland-Pfalz) werden als Wahlsieger wohl weiter regieren, so dass sich an der Landespolitik vergleichsweise wenig ändern könnte – was in diesen Zeiten fast schon ein Gewinn wäre...

Nachdem die auf schwachem Niveau allerorten leicht erstarkte FDP einer 'Ampelkoalition' (Grüne + SPD + FDP; Angaben jeweils nach abnehmender Fraktionsgröße geordnet) in Baden-Württemberg eine Absage erteilt hat, muss sich der (angesichts der Situation für meinen Geschmack etwas zuviel) strahlende grüne Ministerpräsident Kretschmann von seinem bisherigen Koalitionspartner, der stark gerupften SPD, trennen. Er wird die Chance ergreifen, die extrem degradierte CDU (- 12 %!) als Juniorpartner einer ersten grün-schwarzen Regierung anzuführen und sie damit in gewisser Weise noch einmal zu degradieren – und damit eine Koalitionsoption (üblicherweise freilich andersherum als schwarz-grüne Koalition) umsetzen, mit der einige Grüne ohnehin schon länger kokettieren. Andernfalls gibt es vielleicht Neuwahlen.

In einem Bundesland, das seit kurz nach seiner Gründung (1952) von 1953 bis 2011 durchgehend unter (meist Allein-)Herrschaft der CDU stand und davon allein 20 Jahre von NS-Verbrechern als Ministerpräsidenten regiert worden ist [1958-1966 von NSDAP-/SA-Mitglied und NS-Blockwart Kurt Georg Kiesinger, der danach auch noch Bundeskanzler wurde; von 1966-1978 von SA-Mitglied und NS-Marinerichter Hans Filbinger (verantwortlich u. a. für Todesurteile, Rücktritt im Rahmen der Filbinger-Affäre)], ist das zwar nicht erfreulich, aber es gab auch schon Schlimmeres.

Baden-Württemberg nach der Wahl:
abgesehen von den zwei braunen AfD-Flecken (Mannheim im Nordwesten, der andere ist Pforzheim)
eine interessante, immer grüner werdende Perspektive auf das ehemalige "CDU-Ländle"
(alle Graphiken via tagesschau, rechtschaffende AfD-Umfärbung von mir)

Unappetitliche Kuchen und Ähnliches...

Wahlergebnisse LTW 2016 Baden-Württemberg

Wahlergebnisse LTW 2016 Rheinland-Pfalz

Sollte es in Rheinland-Pfalz zu einer Ampelkoalition kommen (SPD + FDP + Grüne) würde sie damit das in beiden Ländern extrem starke konservative und rechtsnationale Lager (CDU & AfD) in die Opposition verbannen, in Rheinland-Pfalz auch noch mit der 'flüchtlingskritischen' Julia Klöckner als Oppositionsführerin. Als Strafe für die Rechtswähler*innen eigentlich nicht uncharmant.

[In diesem Modell wird interessant, wie sich die FDP, die einst mal als ‚Menschenrechtspartei’ galt, aber auch bekannt dafür ist, gerne kräftig nach rechts zu schielen, in der praktischen Flüchtlingspolitik dann positionieren wird. Auch das Verhältnis der CDU zur AfD auf den Oppositionsbänken bleibt kritisch zu beobachten.]

Oder aber Wahlsiegerin und SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer trennt sich von ihrem stark geschwächten grünen Juniorpartner und holt stattdessen ebenfalls die CDU von den Oppositionsbänken zurück in die Landesregierung, womit sie letztlich indirekt Merkel stärken würde. Malu Dreyer und ihre Widersacherin im Wahlkampf, Julia Klöckner von der CDU, schienen sich am Wahlabend irreführenderweise für ein rot-schwarzes Frauenduo entschieden zu haben, oder war es doch ein modischer Zufall? Aber warum nicht, eine 'Doppelfrauenspitze' wäre meines Wissens zumindest ein Novum in Deutschland, wo es noch garnicht sooo lange her ist (1993), dass schon eine Ministerpräsidentin ein Novum war, und eine ironische 'Spitze' gegen die AfD, in diesem Fall bezüglich ihres reaktionären Frauenbildes. Zwar stehen auch bei der AfD derzeit einige Frauen im Vordergrund, aber das ändert rein garnichts an ihrem Parteiprogramm und den gerade von ihren Sprecherinnen verfochtenen 'Heim und Herd'-Parolen.

Not amused...

Partnerinnenlook?:
Wahlsiegerin Malu Dreyer (SPD) & Verliererin Julia Klöckner (CDU) am Wahlabend LTW Rheinland-Pfalz 2016
Schick schick, aber Momentchen: diese Farben gehören dem Anarchosyndikalismus!
Hierfür müssten beide noch üben... (^.^)
Photo: © Uwe Anspach/dpa (via Zeit.de)


Dunkeldeutschland:
Schlimmer geht's immer!

Sachsen-Anhalt nach der Wahl:
die Landeshauptstadt Magdeburg (Mitte oben) und fast der gesamte Süden des Bundeslandes
wurden zur 'nationalen No-Go-Area'
(die Magenta-farbene 'Oase' hat die Linkspartei gewonnen).

Im Osten sind bisher unbekannte Modelle nötig, um die AfD in Schach zu halten. Oder gab es schon einmal eine schwarz-rot-grüne Koalition? Die latente Schwäche der Linkspartei wirkt dort vor dem Hintergrund der rechten Wahlerfolge besonders verheerend, da Optionen für eine Regierungsübernahme des sog. ‚linken’ Lagers (rot-rot-grün) inzwischen selbst im Osten verbaut sind (erinnert sei daran, dass dieses ‚Lager’ theoretisch immernoch die Mehrheit im Bundestag hätte und jederzeit die Regierung stellen könnte!). Dafür steht CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff vor der leichtesten Entscheidung, er hat nämlich im Grunde keine. Eine CDU / Die Linke - Koalition wäre zwar fast schon witzig gewesen, ist aber ausgeschlossen. Und so wird er als relativ unbeschädigt aus der Wahl hervorgegangener ‚Gewinner’ die schwachen Grünen noch mit ins Boot seiner Schwarz-Roten-Koalition holen, dafür ist sein Koalitionspartner deutlich ‚gerupft’ und auch er steht dann einer zahlenmäßig starken, aber zutiefst gegensätzlichen, d. h. gespaltenen, Opposition aus AfD und Die Linke gegenüber, die er bei der Gelegenheit auch noch als ‚Demokratiefeinde von links und rechts’ labeln und sich damit bequem ‚in der Mitte’ positionieren kann. Auch um die ‚Koalitionsdisziplin’ muss er sich in diesem Modell wohl recht wenig Sorgen machen...

Es bleibt erneut die schauderliche Erkenntnis, dass ausgerechnet in Ostdeutschland das Potential derer, die sich gegen die Aufnahme von Schutzsuchenden und für neue Mauern aussprechen, am Größten ist. Die, die am lautesten geschrien haben, Teil des westdeutschen Systems und der EU werden zu wollen, ausgerechnet die, die in den letzten 25 Jahren mit Milliardenbeträgen, Solidarbeiträgen und Hochwasserhilfen unterstützt wurden, kennen kein Erbarmen mit Menschen in Not. Erbärmlich, einfach erbärmlich.

Wahlergebnisse LTW 2016 Sachsen-Anhalt


#Saxit #STxit ...

"Diese Politik der Ressentiments gegen andere Menschen wird (...) unser Land spalten. Sie wird ein Land zurücklassen, in dem sich die Menschen hassen, weil sie unterschiedliche politische Vorstellungen haben"

US-Präsidentschaftskandidat Marco Rubio (Republikaner) nach seiner Niederlage gegen den rassistischen Immobilien-Milliardär Donald Trump
(Republikaner)

Ich habe schon damals geahnt, dass die sog. 'Wiedervereinigung' keine gute Idee war. Schade, dass es keinen Volksentscheid darüber gibt, Länder wie Sachsen und Sachsen-Anhalt aus dem föderalen System Deutschlands und der EU auszuschließen (sollten sich die Berliner*innen bei der Wahl im September nicht als würdevoller erweisen, erweitere ich meine Forderung auch auf die Hauptstadt). Aber das nächste Hochwasser kommt bestimmt... vielleicht ist dann das Rettungsboot schon voll...?


Heimliche Wahlsiegerin Merkel?

So oder so, aus dem rechtsnational ambitionierten Ruf "Merkel muss weg!" ist ironischerweise eher das Gegenteil geworden: in Sachsen-Anhalt bleibt die CDU an der Regierung, in ein bis zwei westdeutschen Bundesländern kehrt sie sogar aus der Opposition zurück. Und die neuen alten grün-roten Regierungschefs Kretschmann und Dreyer haben Merkels vergleichsweise 'offene' Flüchtlingspolitik unterstützt und sind damit Wahlsieger geworden. War wohl nix! (^.^)

Das Problem an der Merkel-Regierung ist sicherlich nicht, dass sie Flüchtlingen Schutz in Deutschland gewährt (hat). Das Problem ist, dass sie sich von den rassistischen Schreihälsen ohne Not in die Arme der staatsterroristischen und faschistischen AKP-Regierung der Türkei treiben lassen hat (das gilt selbstverständlich auch für die SPD). Und so ist der einzige Grund für einen Rücktritt der gesamten Bundesregierung (inklusive SPD) – wie ich noch einmal betonen möchte – deren skandalöse, ursächlich von den "Das Boot ist voll"- Parolen der Flüchtlingsfeinde von 'AfD', 'Pegida' & Co. angetriebene Türkei-Politik in dem schäbigen Bestreben, Schutzsuchende künftig an den Grenzen der EU abzuweisen (sprich: dem Terrorstaat Türkei zu überlassen) und als Belohnung vollkommenes Stillschweigen über die täglichen, übelsten Menschenrechtsverletzungen in der wieder aufgewerteten Türkei zu wahren, ja, sie sogar auf den Weg in die EU zu führen, also in eine Staatengemeinschaft, in die sie nach all den menschenverachtenden Kapriolen der EU-Staaten mittlerweile auch gehört.
Alle faschistischen Europäer*innen wollten es ja so.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch einmal daran erinnern, dass sich z. B. 'Pegida' im Protest gegen eine Kurdistan-Solidaritätsdemonstration gegründet hat, also von Anfang an genau gegen die Menschen vorgegangen ist, die in den Hauptfluchtländern Syrien und Irak gegen einen der Hauptfluchtgründe, den dschihadistischen Terror des 'IS' (Daesh) kämpfen.
Ironie der Geschichte: AfD und 'Pegida' stehen objektiv auf Seiten des 'IS' und der Türkei.


Antirassismus bleibt Handarbeit

Die bürgerliche Demokratie in Deutschland wird die neuen Koalitionsoptionen überstehen, und die Werte für die AfD – da bin ich mir sicher – werden mittelfristig auch wieder sinken. Im September wird noch in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gewählt, da wird die AfD sicher noch einmal zulegen, aber der Zenit dürfte mit dem Ergebnis in Sachsen-Anhalt erreicht sein (im braunen Sachsen wurde ja glücklicherweise schon gewählt). Angesichts der Zugespitztheit dieser Wahlen sollten wir uns daran erinnern, dass ca. 75 % der Wähler*innen sich trotz aller kursierenden Hetze gegen eine rabiate Abschottung von Fluchtsuchenden ausgesprochen haben. Und daran, wieviele Menschen hier und in vielen anderen (nicht nur europäischen) Ländern sich engagiert für Refugees einsetzen.

Für die ca. 75 % demokratisch und antirassistisch eingestellten Menschen in Deutschland stellt sich nur die Frage, wie viel Schaden das rassistische Lager in den nächsten Monaten und Jahren anrichten kann (und was ggf. dagegen unternommen werden muss). Wird es eine Verlagerung der aggressiven Anti-Flüchtlingsproteste von der Straße in die (Landes-)Parlamente geben? Für die Betroffenen des Rassismus könnte das sogar eine Verbesserung darstellen, zumindest, wenn die 'demokratischen Parteien' den rechten Schreihälsen aus der Opposition konsequent stand halten. Oder werden sich Biedermeier, Mob und Brandstifter wie bisher gegenseitig antreiben und weiter gegenseitig verstärken? Vielleicht, aber der Gegenwind auch von bürgerlicher Seite könnte größer werden, denn nun geht es für die anderen Parteien auch um ihr eigenes Überleben. Zumindest ist im Moment noch ein weitgehender (vor allem bei FDP und CSU allerdings fragwürdiger) Konsens erkennbar, sich von der AfD abgrenzen zu wollen und keine parlamentarischen Koalitionen einzugehen. Fragt sich nur, wie lange dieser hält.

Die Hauptgefahr lauert nicht bei der AfD, sondern bei den bürgerlichen Parteien:
so sehr sie rhetorisch an Humanität, ‚Aufnahmebereitschaft’ und ‚Menschenrechten’ festhalten, werden sie letztlich samt und sonders dennoch alles tun, um die Aufnahmezahlen zu senken (und gleichzeitig die Zahl der Abschiebungen erhöhen), sprich: der AfD entgegen kommen. Das ganze irreführende Gerede von einer 'europäischen Lösung' und einer diesbezüglichen Kooperation mit der staatsterroristischen Türkei fußt ja letztlich auf dem von CDU/CSU, SPD und Grünen getragenen Konsens, die Flüchtlingszahlen entschieden zu reduzieren (also genau das, was die AfD will). Eine nennenswerte parlamentarische Kraft, die sich wirklich für offene Grenzen ausspricht, sehe ich schon länger nicht (mehr). Doch glücklicherweise liegt bei weitem nicht alles in den Händen der parlamentarischen Politik...

Flüchtlinge, Helfer*innen und Journalist*innen beim Versuch, gemeinsam von Griechenland aus über einen Fluss nach Mazedonien zu kommen (14 März 2016)

Für Antirassist*innen bleibt die Hoffnung, dass es noch möglichst viele Menschen nach Deutschland schaffen, bevor die Abschottung weiter verstärkt wird (und das wird sie, da brauchen wir uns keinen Illusionen hingeben, ganz ungeachtet der Frage, auf welchem Wege). Doch wo Not ist, werden sich Menschen auch weiter auf die Flucht machen und Wege finden. Unsere Aufgabe ist, sie dabei zu unterstützen und weiterhin deutlich zu machen, dass sie uns auch willkommen sind. Den Rest schaffen wir schon.

Refugees Welcome!


Nachfolgeartikel dieser zweiteiligen Miniserie:
"Merkel & die EU zwischen AfD und AKP"

Weiteres zum Thema (Auswahl):

Photo des Jahres 2015 ...und andere Auszeichnungen (Jan 2016)

#TurkeysWarOnKurds (Jan 2016)

K(l)eine Lehren aus Paris (Nov 2015)

Herbst im Moor (Nov 2015)

Pop & Elend (Okt 2015)

Keine Feiertage: 3. Oktober, 9. November (Okt 2015)

Der kürzeste Weg nach Tall Abyad (Juni 2015)

Die Rückkehr des zivilen Lebens in Kobanê (Mai 2015)

Wie Toyah Diebel in 3 Minuten Pegida abschminkte (Febr 2015)