Tuesday, March 31, 2015

Red My Lips

  

"Courage starts with showing up and letting ourselves be seen." ~ Brené Brown

Auch für mich überraschend, komme ich schon heute auf das in meinem Post zum Internationalen Frauentag am 8. März nur kurz angerissene Thema der sexualisierten Gewalt (1) zurück. Denn jetzt beginnt der "Sexual Assault Awareness Month" mit der Kampagne "Red My Lips". Es geht darum, durch das Tragen von rotem Lippenstift Solidarität mit den Opfern sexualisierter Gewalt zu zeigen und auf das Thema aufmerksam zu machen. Besonders gut finde ich den an die "Slutwalks" erinnernden Ansatz, den Vorwurf einer Mitschuld der Opfer entschieden zurückzuweisen und dabei offensiv und stolz mit feminin konnotierten Attributen und (Styling-) Praktiken umzugehen. Das passt gut zu diesem Blog, und deshalb habe ich trotz des bitterernsten Themas wie immer auch ein paar schöne (Lippenstift-) Photos ausgegraben.                                        [English below]

Der April ist der Monat des 'Bewusstseins über sexuelle Gewalt'
April is "Sexual Assault Awareness Month"

Even surprising for me, I come back already today to the topic of sexual violence mentioned only shortly in my post about the International Women's Day on the 8th of March. Since now begins the "Sexual Assault Awareness Month" with the campaign "Red My Lips". The point is to draw attention and to show solidarity with the victims of sexual violence by wearing red lipstick. In particular I like the approach to firmly reject the accusation of any complicity by the victims and, in doing so, to ply positively and proudly with feminine connoted attributes and (styling) practices (both reminiscent of the "SlutWalks"). This suits well to this blog, and so – despite the severe topic – like always I have digged out some beautiful (lipstick) photos, too.

Die Kampagne * The campain

Our lives begin to end the day we become silent about things that matter.
#MLK (Martin Luther King)


... is a...


Das Prinzip selbst ist schnell erklärt und jede/r kann mit einfachen Mitteln mitmachen:
The principle itself is easily to explain and everybody can take part with simple means:


Aber natürlich geht es um mehr:
But, of course, it's about something more:

Wie dieser Beschreibungstext aus der Kampagne zeigt, wird ein Zusammenhang zwischen Kleidung/Erscheinung/Styling/Verhalten der Opfer wie auch überhaupt die Idee, Vergewaltigung hätte etwas mit Sex zu tun, zurückgewiesen und das reale Problem im gewalttätigen, grenzverletzenden Akt der Täter verortet.

The campaign text further above shows that any relation between dresses/appearance/styling/behavior of the victims as well as the general idea that rape would be related to sex is rejected and locates the real problem in the violent acts and border violations by the offenders.

Wer allerdings meint, damit wäre das Thema der sexualisierten Gewalt erschöpft, täuscht sich.
Wie auch die Slutwalks greift die Kampagne #RedMyLips nur einen Aspekt davon unter zahlreichen anderen auf: das Recht auf den eigenen Körper und das Recht, "sexy zu sein / sich freizügig zu kleiden", sich in 'gefährliche Situationen' zu begeben (siehe auch die Parole: "Frauen - wir erobern uns die Nacht / die Straße zurück") oder sich 'schlampig' zu verhalten (siehe auch die Bewegung der Sexarbeiter*innen). Das ist gut, wichtig und unterstützenswert. Es darf aber niemals als Umschreibung der Opfer missverstanden werden oder zu dem Fehlschluss verleiten, dass sie sich überhaupt 'aufreizend' oder 'freizügig' gekleidet hätten oder ein Zusammenhang dazu besteht (2). Denn Gewalt bleibt Gewalt und hat mit Sex, Freizügigkeit oder Erotik nichts zu tun (das gilt ebenso für den Bereich des BDSM, da auch diese Praktiken auf Konsens und nicht auf Gewalt beruhen). Und genau darauf will die Kampagne ja auch hinweisen.

Gegen Männer gerichtete, transphobe und homophobe Gewalt bleiben allerdings leider trotzdem weitgehend außen vor. Neben diesen erheblichen Einschränkungen ist die Kampagne auch - wie die meisten feministischen Kampagnen - strukturell 'eurozentrisch', in dem sie rassistische, ethnisch-religiöse oder koloniale Aspekte und Doppel- oder Dreifach-Diskriminierungen / -Erniedrigungen nicht erfassen kann oder ausblendet.

Und nur wenn wir das im Kopf behalten, ist sie trotzdem unterstützenswert und macht Sinn:
als Ermutigung von (tendenziell westlichen, weißen, heterosexuellen und jungen) Frauen und Vergewaltigungsopfern, sich keine eigene Schuld einzureden, sondern mit solidarischen Menschen gegen die unerträgliche Täter-Opfer-Umkehr aufzustehen. Und diese ist tatsächlich ein globales und übergreifendes 'Phänomen'.


But those who assume the topic of sexual violence would amount to nothing more than that delude themselves. Like also the SlutWalks, the campaign #RedMyLips addresses only one aspect of it amongst numerous others: the right to one's own body and the right "to be sexy / dress up revealingly", to put oneself in 'dangerous situations' (see also the slogan: "Women - let's reclaim the night / street") or to behave 'slutty' (see also the movement of the sex workers). This is great, important and worthy of support. But it must never be misunderstood as a depiction of the victims or lead to the false conclusion that they would have been dressed 'saucy' or 'revealing' at all or that there would be any relation to it (2). Since, violence stays violence and has nothing to do with sex, laxity or eroticism (this applies also to the sphere of BDSM, since also these practices are based on consent and not on violence) and exactly this is what the campaign wants to point out.

Nevertheless, unfortunately violence against men, transphobic and homophobic violence however remain largely marginalized. Apart from these substantial limitations the campaign also is - like most feminist campaigns - structurally 'eurocentric' by being not able to cover racist, ethnic-religious or colonial aspects and double or triple discriminations / humiliations or by fading them out.

And only if we keep that in mind, it still is worth of supporting it and does make sense:
as an encouragement of (predominantly Western, white, heterosexual and young) women and rape victims to not blame themselves, but to stand up with solidary people against the intolerable victim-blaming. And that really is a global and comprehensive 'phenomenon'.

 
Blame the rapist not the victim!
Gegen die Täter-Opfer-Umkehr! - Against victim-blaming!

 

Die 'Waffen' der Kampagne :-)
"My weapons are ready for April !!" a supporter writes :-)


Männer sind herzlich willkommen an der feministischen Kampagne teilzunehmen. Übrigens sind Männer nicht nur Täter, sondern auch Opfer sexualisierter Gewalt, und zwar bei Weitem nicht nur beim Militär und in Gefängnissen (3). Und das Tragen von rotem Lippenstift bei Männern ist zudem ein Statement gegen Homo- und Transphobie, macht sehr viel Spaß und kann auch toll aussehen, wie etwa das Bild oben zeigt.

Men are appreciated to take part in this feminist campaign, too. After all, men are not only offenders, but also victims of sexual violence, not only in the services and in prisons (3). And men wearing red lipstick furthermore give a statement against homo- and transphobia, it is pretty much fun and (as is to be seen for example in the picture above) can look great, too.


Wer keinen Lippenstift tragen will, kann trotzdem mitmachen. Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt (Tattoos, Shirts, Ohrringe & Kettenanhänger usw.). Teilt diesen Post, schaut Euch die oft persönlichen Beiträge von Teilnehmer*innen auf der Webseite und den Seiten auf Twitter und Facebook an.

Those who don't like to wear lipstick still can participate. Your creativity has no borders (tattoos, shirts, earrings & necklace pendants etc.). Share this post, take a look at the often personal contributions of participants on the webpage and the Twitter and Facebook pages.

Campaign Page:
Follow on Twitter & Instagram:
 #redmylips
Like on Facebook:


Eure Photos ♥ Your photos

 We call supporters #Warriors because they use
#redlipstick (#warpaint) to combat #victimblaming.

Also macht mit und schickt mir Eure Selfies und Photos mit rotem Lippenstift an:
So take part and send me your selfies and pictures with red lipstick to:


Besonders bei Menschen, die auch sonst roten Lippenstift tragen (aber auch bei allen anderen), ist es natürlich gut, wenn es einen Verweis auf die Thematik gibt (z. B. mit dem Hashtag #Redmylips oder mit einer sonstigen - gerne auch persönlicheren - Beschriftung oder Message). Ihr könnt mir auch dazugehörigen Text, Gedanken und Statements mailen. Was Ihr gewinnen könnt? Kein Spam, kein Adressklau, keine Postwurfsendungen, jemanden glücklich machen, Veröffentlichung eines Photos / Textes von Euch in einem tollen Blog, etwas für eine sinnvolle Sache tun! (^.^)

Especially regarding those of you who are wearing red lipstick commonly (but also regarding everybody else), of course it's good if there is a reference to the topic, for example with the hash tag #Redmylips or with another - preferably individual - caption or message. You also can mail associated text, thoughts and statements to me. What you can win? No spam, no address theft, no mailshots, to make somebody happy, publishing of a picture / text of yours in a peachy blog, to do something for a meaningful cause! (^.^)



Anmerkungen zum deutschen Text:
(1) Die Verwendung der Begriffe "sexuelle Gewalt" versus "sexualisierte Gewalt" sind innerhalb der feministischen Bewegung umstritten. Für beides gibt es gute Gründe.
Zu "sexualisierte Gewalt" siehe Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Sexualisierte_Gewalt
Auch die MISS. Beratungsstelle plädiert für diesen Ausdruck, für den auch ich mich entschieden habe:
Den gängigeren Begriff "sexuelle Gewalt" präferiert z. B. die Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt:

(2) Das gilt nicht nur für 'westliche' Länder. So ist beispielsweise in vielen, typischerweise für mangelnde Frauenrechte krisierten arabischen Ländern einerseits das (fälschlicherweise westlich-konnotierte) Tragen von Lippenstift bei (jungen) Frauen durchaus verbreitet, während die meisten Vergewaltigungen an alles andere als 'freizügig' gekleideten (verschleierten und sonstige gesellschaftlich-religiöse Normen erfüllenden) Frauen verübt werden. Auch dort gibt es also keinen Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Opfer und den Gewalttaten der Täter.
Die meisten Vergewaltigungen finden außerdem bekanntlich global im häuslichen oder familiären Kontext statt.

(3) Auch dieser, in den öffentlichen Diskursen viel zu selten diskutierte Fakt der sexualisierten Gewalt gegen Männer ist ein weiterer Beleg dafür, dass Vergewaltigung nichts mit feminin-konnotierten Styling-Praktiken zu tun hat. Männer haben zudem das spezifische Problem, dass allein schon das Zugeständnis, Opfer geworden zu sein, einen zwangsweisen Bruch mit der männlich-sozialisierten Rolle zur Folge hat. Auch werden sie (ebenfalls) häufig nicht mit ihrer Gewalterfahrung Ernst genommen, was sich in der kritikwürdigen öffentlichen und medialen Ausblendung dieses Themas widerspiegelt.

Notes to the English text:
(-) Only relevant for the German text. Discusses the German usage of different terms for "Sexual Assault".
 
(2) This not only goes for 'Western' countries. For example, in many Arabian countries typically being criticized for a lack of women's rights – wearing lipstick on the one hand is a quite widespread (wrongly Western connoted) practic of (young) women, while most of the rapings are commited on women dressed everything but 'revealing' (being veiled and conforming other social-religious norms). So also there is no connection between the behavior of the victims and the acts of violence by the perpetrators / offenders.
Further, as is known, most of the rapings globally are happening in a domestic or familiar context.

(3) This fact of sexualized violence against men, being far to scarce discussed in the public discourses, is a further evidence that rape has nothing to do with feminine-connoted styling practices. Moreover, men have the specific problem that just the concession itself of having become a victim entails a compulsory breach with the male-socialized role. Also, they often are not taken seriously (likewise) with their experience of violence, which is reflected (mirrored) in the criticism-deserving fact that public and media are totally blinding out of this topic.

Siehe auch meinen verwandten Post:
See also my related post:

8. März Weltfrauentag - International Women's Day

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